Kleine Kunst-Nachrichten.
und Gefühlsmäßigen, wie es Dürer in den Holz-
schnitten der Apokalypse in unvergleichlicher Wucht
des Ausdrucks gestaltete. Und wenn es offensicht-
lich ist, dag Friß Boehle, P. Halm, Otto Fischer,
Albert Welti mit den Wurzeln ihrer Kunst in den
alten deutschen Holzschnitt hineinreichen, so ist es
nicht minder deutlich, daß Max Liebermann, L. Co-
rinth, Hans Meid, Schinnerer und Rehn, ja selbst
Willi Geiger ihr Bestes den alten Vorbildern ver-
danken. Nur daß sie in ihrer mehr oder weniger
stärkeren malerischen Gesinnung, in ihrer erregteren
Handschrift eine innere Verwandtschaft des Wollens
zu Goya oder Rembrandt zieht.
Außer der seht guten Auswahl von Werken
dieser führenden Meister werden von G. Gelbke,
Erna Frank, Ernst Oppler, Feige, Thiemann noch
einige interessante Stücke gezeigt, von Künstlern
neuester Richtung sind mit charakteristischen Blät-
tern vertreten Heinrich Nauen, E. L. Kirchner, Emil
Nolde, Otto Lange, W. Ophey und A. Segal.
Der Versuch, über den modernen, farbigen Holz-
schnitt einen Überblick zu geben, ist, wie dankens-
wert er an sich ist, enttäuschend. Denn wirklich
gute Lösungen sind kaum zu finden. Am meisten
stört die ungleichmäßige, harte Farbe, oder wenn
einmal eine Technik erzielt erscheint, der man die
Mängel nicht unmittelbar ansieht, dann wirkt eine
gewisse Süßlichkeit nicht minder störend, wie na-
mentlich in den technisch guten Arbeiten des Schwei-
zers C. Moser. Immerhin geben Thiemann, Walter
Klemm und Heitmüller beachtenswerte Anregungen.
E. Buchwald kommt seinen Vorbildern, den Japa-
nern, in seinen stimmungsvollen Landschaften am
nächsten; während Gustav Scharfer, trotj seines
modernen Strebens die japanische Abhängigkeit zu
aufdringlich zur Schau trägt.
Im ganzen ist diese Schwarzweiß-Ausstellung
äußerst beachtenswert. Wer die Mühe des Aus-
wählens kennt bei der übergroßen Zahl der Blätter
muß dem Kölnischen Kunstverein Dank wissen,
daß er sich zu dieser Ausstellung entschloß. l.
EIN BRIEF. „Verehrter Kunstschreiber! Gestern
ist meine Tante Amalie zu mir gekommen
und hat die Hände gerungen. Sie hatte nämlich
gelesen, daß alle bronzenen und sonstigen metal-
lenen Gegenstände zur Einschmelze beschlagnahmt
werden sollen. Das ließ sie für ihren Mops, der
auf dem Nachttisch steht und die Stecknadeln be-
wacht, für den Amor (den mit der Fliege auf
dem Bauch), für die Hellebardenträger „Genötigt
wird nicht", für die Tirolergruppe aus dem Salon
und für ungezählte andere Schäße ihrer hochherr-
schaftlichen Wohnung das Schlimmste fürchten. Schon
sah sie die konfiszierenden Beamtenhände nach
dem wasserspeienden Delphin aus poliertem Kupfer,
der im Speisezimmer hängt, und nadi den aus
Zink gepreßten, bunt bemalten Zwergen und Fliegen-
pilzen, die den Wintergarten zieren, schnöde greifen.
Sie sah das Rankenwerk von der Saftkanne, die
gebuckelten Beschläge von dem Photographiealbum,
sie sah den schreienden vergoldeten Hirsch mit der
(nie gehenden) Uhr im Leib und den herrlichen
Kronleuchter im Stil des vierzehnten Ludwig ver-
schwinden, ins Feuer sinken, dahin fließen. Tante
Amalie weinte bitterlich. Ich aber tröstete sie.
Leider konnte ich sie nur zu gut trösten. Ich hatte
nämlich jenen Erlaß, der die Einziehung der Metalle
ankündigt, genau gelesen und so wußte ich, daß
sämtliche „Kunstgegenstände" verschont werden
sollen. Wie schrecklich! Lieber Kunstschreiber,
kannst Du nichts dafür tun, daß die Möpse und
die Hirsche, die Merkure und die diversen Venus-
sinnen, kurz all das, was aus Bronze, Zinn, Zink,
Blei, grünspanig oder blank in unsern Wohnungen
herumsteht, auch daran glauben muß. Ach, daß
Du ein Vandale würdest oder ein Hunne. Pfui doch,
Ihr Männer seid ganz ohne Konsequenz; bedenkt
nicht einmal, wieviel tausend, hunderttausend Zentner
Granaten in den Beletagen und sonstigen Stock-
werken unserer Kulturpaläste der Erlösung harren.
Nur immer mutig zugefaßt, bronzene Möpse beißen
nicht. Ich hoffe, von Euch zu hören . . ." r. b.
AI.FRKP KCSrHK-KARLSRUHE.
und Gefühlsmäßigen, wie es Dürer in den Holz-
schnitten der Apokalypse in unvergleichlicher Wucht
des Ausdrucks gestaltete. Und wenn es offensicht-
lich ist, dag Friß Boehle, P. Halm, Otto Fischer,
Albert Welti mit den Wurzeln ihrer Kunst in den
alten deutschen Holzschnitt hineinreichen, so ist es
nicht minder deutlich, daß Max Liebermann, L. Co-
rinth, Hans Meid, Schinnerer und Rehn, ja selbst
Willi Geiger ihr Bestes den alten Vorbildern ver-
danken. Nur daß sie in ihrer mehr oder weniger
stärkeren malerischen Gesinnung, in ihrer erregteren
Handschrift eine innere Verwandtschaft des Wollens
zu Goya oder Rembrandt zieht.
Außer der seht guten Auswahl von Werken
dieser führenden Meister werden von G. Gelbke,
Erna Frank, Ernst Oppler, Feige, Thiemann noch
einige interessante Stücke gezeigt, von Künstlern
neuester Richtung sind mit charakteristischen Blät-
tern vertreten Heinrich Nauen, E. L. Kirchner, Emil
Nolde, Otto Lange, W. Ophey und A. Segal.
Der Versuch, über den modernen, farbigen Holz-
schnitt einen Überblick zu geben, ist, wie dankens-
wert er an sich ist, enttäuschend. Denn wirklich
gute Lösungen sind kaum zu finden. Am meisten
stört die ungleichmäßige, harte Farbe, oder wenn
einmal eine Technik erzielt erscheint, der man die
Mängel nicht unmittelbar ansieht, dann wirkt eine
gewisse Süßlichkeit nicht minder störend, wie na-
mentlich in den technisch guten Arbeiten des Schwei-
zers C. Moser. Immerhin geben Thiemann, Walter
Klemm und Heitmüller beachtenswerte Anregungen.
E. Buchwald kommt seinen Vorbildern, den Japa-
nern, in seinen stimmungsvollen Landschaften am
nächsten; während Gustav Scharfer, trotj seines
modernen Strebens die japanische Abhängigkeit zu
aufdringlich zur Schau trägt.
Im ganzen ist diese Schwarzweiß-Ausstellung
äußerst beachtenswert. Wer die Mühe des Aus-
wählens kennt bei der übergroßen Zahl der Blätter
muß dem Kölnischen Kunstverein Dank wissen,
daß er sich zu dieser Ausstellung entschloß. l.
EIN BRIEF. „Verehrter Kunstschreiber! Gestern
ist meine Tante Amalie zu mir gekommen
und hat die Hände gerungen. Sie hatte nämlich
gelesen, daß alle bronzenen und sonstigen metal-
lenen Gegenstände zur Einschmelze beschlagnahmt
werden sollen. Das ließ sie für ihren Mops, der
auf dem Nachttisch steht und die Stecknadeln be-
wacht, für den Amor (den mit der Fliege auf
dem Bauch), für die Hellebardenträger „Genötigt
wird nicht", für die Tirolergruppe aus dem Salon
und für ungezählte andere Schäße ihrer hochherr-
schaftlichen Wohnung das Schlimmste fürchten. Schon
sah sie die konfiszierenden Beamtenhände nach
dem wasserspeienden Delphin aus poliertem Kupfer,
der im Speisezimmer hängt, und nadi den aus
Zink gepreßten, bunt bemalten Zwergen und Fliegen-
pilzen, die den Wintergarten zieren, schnöde greifen.
Sie sah das Rankenwerk von der Saftkanne, die
gebuckelten Beschläge von dem Photographiealbum,
sie sah den schreienden vergoldeten Hirsch mit der
(nie gehenden) Uhr im Leib und den herrlichen
Kronleuchter im Stil des vierzehnten Ludwig ver-
schwinden, ins Feuer sinken, dahin fließen. Tante
Amalie weinte bitterlich. Ich aber tröstete sie.
Leider konnte ich sie nur zu gut trösten. Ich hatte
nämlich jenen Erlaß, der die Einziehung der Metalle
ankündigt, genau gelesen und so wußte ich, daß
sämtliche „Kunstgegenstände" verschont werden
sollen. Wie schrecklich! Lieber Kunstschreiber,
kannst Du nichts dafür tun, daß die Möpse und
die Hirsche, die Merkure und die diversen Venus-
sinnen, kurz all das, was aus Bronze, Zinn, Zink,
Blei, grünspanig oder blank in unsern Wohnungen
herumsteht, auch daran glauben muß. Ach, daß
Du ein Vandale würdest oder ein Hunne. Pfui doch,
Ihr Männer seid ganz ohne Konsequenz; bedenkt
nicht einmal, wieviel tausend, hunderttausend Zentner
Granaten in den Beletagen und sonstigen Stock-
werken unserer Kulturpaläste der Erlösung harren.
Nur immer mutig zugefaßt, bronzene Möpse beißen
nicht. Ich hoffe, von Euch zu hören . . ." r. b.
AI.FRKP KCSrHK-KARLSRUHE.