Wiener Kunstschau in Berlin.
I'KOKKSSOK 1SEKTOI.D I.OFFI.ER.
GEMÄLDE »VERWUNDETE«
flüchtigung des Körperlichen. Man darf sich
wirklich fragen, ob unter diesem entzückend
duftigen weißen Mullkleid noch ein lebendiger
Mädchenleib steckt. Und fast kann man die
farbenblühenden Blumenstickereien auf diesem
Kleide belebter und ursprünglicher finden als
das in all seiner zarten und lieblichen Meißelung
doch etwas elfenbeinartig wirkende Gesicht des
übergepflegten Kindes.
Klimt, obwohl in Wien bis zur Unverständig-
keit oft angefehdet, ist dennoch Wiens bezeich-
nendster und kongenialster Meister der Malerei.
Allein schon, wer sich die Muße nimmt, seine
Zeichnungen durchzusehen, diese wie hinge-
hauchten Gebilde, fast lauter weibliche Köpfe
und Akte von intimstem Reiz, muß dieses er-
kennen. Jedenfalls hat Klimt in seiner Gene-
ration weit und breit keinen Ebenbürtigen.
Doch gibt es gewiß nicht wenige tüchtige Leute
in seiner Umgebung. Einer der sympathischsten
ist der Landschafter Carl Moll. In seinen
Bildern wohnt eine bestrickende Liebenswür-
digkeit und eine innige Lauterkeit der Emp-
findung. Dazu hat er soviel künstlerischen
Takt, daß er niemals über die Grenzen seiner
Begabung und persönlichen Eigenart hinaus-
strebt. Er bleibt lieber gut und ansprechend
im Kleinen, als daß er unechte Größe vorzu-
täuschen versuchte. Haben sich doch andere,
wie Kurzweil und List, oft genug durch
Klimts bestechendes Beispiel auf Gefilde ver-
locken lassen, in denen sie straucheln mußten.
Auch Andri, ein Mann der temperamentvollen
Naturwidergabe, verharrt nicht fest in seiner
Eigenart und versucht sich mit einer durch
Hodler beeinflußten Neigung zum Stilisieren,
in Kompositionen, denen die persönliche Note
mehr und mehr abhanden kommt. Daß das
reiche Naturtalent dieses Künstlers trotzdem
noch durchleuchtet, bleibt immerhin anzuer-
kennen. Glücklicher findet sich Kolo Moser
innerhalb der neuen Stilbestrebungen zurecht.
Er ist von Haus aus ein dekoratives Talent und
seiner künstlerischen Individualität ist Eigen-
I'KOKKSSOK 1SEKTOI.D I.OFFI.ER.
GEMÄLDE »VERWUNDETE«
flüchtigung des Körperlichen. Man darf sich
wirklich fragen, ob unter diesem entzückend
duftigen weißen Mullkleid noch ein lebendiger
Mädchenleib steckt. Und fast kann man die
farbenblühenden Blumenstickereien auf diesem
Kleide belebter und ursprünglicher finden als
das in all seiner zarten und lieblichen Meißelung
doch etwas elfenbeinartig wirkende Gesicht des
übergepflegten Kindes.
Klimt, obwohl in Wien bis zur Unverständig-
keit oft angefehdet, ist dennoch Wiens bezeich-
nendster und kongenialster Meister der Malerei.
Allein schon, wer sich die Muße nimmt, seine
Zeichnungen durchzusehen, diese wie hinge-
hauchten Gebilde, fast lauter weibliche Köpfe
und Akte von intimstem Reiz, muß dieses er-
kennen. Jedenfalls hat Klimt in seiner Gene-
ration weit und breit keinen Ebenbürtigen.
Doch gibt es gewiß nicht wenige tüchtige Leute
in seiner Umgebung. Einer der sympathischsten
ist der Landschafter Carl Moll. In seinen
Bildern wohnt eine bestrickende Liebenswür-
digkeit und eine innige Lauterkeit der Emp-
findung. Dazu hat er soviel künstlerischen
Takt, daß er niemals über die Grenzen seiner
Begabung und persönlichen Eigenart hinaus-
strebt. Er bleibt lieber gut und ansprechend
im Kleinen, als daß er unechte Größe vorzu-
täuschen versuchte. Haben sich doch andere,
wie Kurzweil und List, oft genug durch
Klimts bestechendes Beispiel auf Gefilde ver-
locken lassen, in denen sie straucheln mußten.
Auch Andri, ein Mann der temperamentvollen
Naturwidergabe, verharrt nicht fest in seiner
Eigenart und versucht sich mit einer durch
Hodler beeinflußten Neigung zum Stilisieren,
in Kompositionen, denen die persönliche Note
mehr und mehr abhanden kommt. Daß das
reiche Naturtalent dieses Künstlers trotzdem
noch durchleuchtet, bleibt immerhin anzuer-
kennen. Glücklicher findet sich Kolo Moser
innerhalb der neuen Stilbestrebungen zurecht.
Er ist von Haus aus ein dekoratives Talent und
seiner künstlerischen Individualität ist Eigen-