DAS AUGE
DES MALERS.
(SCHLUSS.)
Leg' eine graue
_j Scheibe auf
roten Grund, und
sie erscheint grün.
Auch hier ist eine
eigenartige sub-
jektive Einstel-
lung jenes sinn-
lich - seelischen
Aufnahmeappara-
tes schuld, ähn-
lich der beim „ma-
lerischen Sehen".
So kann man es
auch kaum eine
Fälschung nennen,
wenn der Maler
aus einer trüben
Mischfarbe die
reine und starke
Grundfarbe her-
aussieht, wenn
ihm der Einstel-
lungsapparat das
Violett in rote und
blaue Flecken zer-
legt. Eine not-
wendige Folge der
farbigen Abstrak-
tion ist nun auch
die Verstärkung
der Farbe, die
Erhöhung ihrer
Leuchtkraft, die
Betonung, Unter-
streichung ihrer
farbigen Beson-
derheit , die na-
mentlich, wenn es
sich um die Aus-
einandersetzung
mit anderen Nach-
barfarben han-
delt, eine lebhafte
gegenseitige Ver-
änderung der ein-
zelnen Farben
bringen kann. Die
gesamte, im Akt
der malerischen
Auffassung oft
ohnehin gestei-
gerte psychische
L__
M. KKI.Dl'.Al'F.K
-DACHAU-MITTERNDORF. »KOPF DER ELSTER* (1914).
Kraft ergießt sich
dann in die Apper-
zeption der Farbe.
Die Intensität der
Auffassung stei-
gert die Intensi-
tät der Farbe, der
anormale Seelen-
zustand öffnet den
Wundern der Ver-
wandlung Tür und
Tor. Farben flam-
men auf, Formge-
bilde erscheinen
und verschwin-
den, die Welt der
Erscheinungen ist
in ihren Funda-
menten erschüt-
tert, neue Welten
gebären sich, ge-
stalten sich, be-
stimmen sich in
der Glut dieser
einzigartigen psy-
chischen Konzen-
tration. Einen
Vorgeschmack
solchen anorma-
len Sehzustandes
mag der Kranke in
der Beobachtung
finden, wenn bei
Fieber oder hef-
tiger Kongestion
die Intensität der
Farben mit dem
Anstürmen des
Blutes zunimmt u.
in dem Schwan-
ken der Farben
sich der Rhyth-
mus des Pulsschla-
ges widerspiegelt.
Das Gegenteil ge-
schieht bei Schwin-
delanfällen , hier
werden die Far-
ben matter und
blasser bis zum
vollständigen Ver-
schwinden. Sol-
chen Einflüssen
ist das empfindli-
che Seelensystem
des Malers in be-
sonders hohem
DES MALERS.
(SCHLUSS.)
Leg' eine graue
_j Scheibe auf
roten Grund, und
sie erscheint grün.
Auch hier ist eine
eigenartige sub-
jektive Einstel-
lung jenes sinn-
lich - seelischen
Aufnahmeappara-
tes schuld, ähn-
lich der beim „ma-
lerischen Sehen".
So kann man es
auch kaum eine
Fälschung nennen,
wenn der Maler
aus einer trüben
Mischfarbe die
reine und starke
Grundfarbe her-
aussieht, wenn
ihm der Einstel-
lungsapparat das
Violett in rote und
blaue Flecken zer-
legt. Eine not-
wendige Folge der
farbigen Abstrak-
tion ist nun auch
die Verstärkung
der Farbe, die
Erhöhung ihrer
Leuchtkraft, die
Betonung, Unter-
streichung ihrer
farbigen Beson-
derheit , die na-
mentlich, wenn es
sich um die Aus-
einandersetzung
mit anderen Nach-
barfarben han-
delt, eine lebhafte
gegenseitige Ver-
änderung der ein-
zelnen Farben
bringen kann. Die
gesamte, im Akt
der malerischen
Auffassung oft
ohnehin gestei-
gerte psychische
L__
M. KKI.Dl'.Al'F.K
-DACHAU-MITTERNDORF. »KOPF DER ELSTER* (1914).
Kraft ergießt sich
dann in die Apper-
zeption der Farbe.
Die Intensität der
Auffassung stei-
gert die Intensi-
tät der Farbe, der
anormale Seelen-
zustand öffnet den
Wundern der Ver-
wandlung Tür und
Tor. Farben flam-
men auf, Formge-
bilde erscheinen
und verschwin-
den, die Welt der
Erscheinungen ist
in ihren Funda-
menten erschüt-
tert, neue Welten
gebären sich, ge-
stalten sich, be-
stimmen sich in
der Glut dieser
einzigartigen psy-
chischen Konzen-
tration. Einen
Vorgeschmack
solchen anorma-
len Sehzustandes
mag der Kranke in
der Beobachtung
finden, wenn bei
Fieber oder hef-
tiger Kongestion
die Intensität der
Farben mit dem
Anstürmen des
Blutes zunimmt u.
in dem Schwan-
ken der Farben
sich der Rhyth-
mus des Pulsschla-
ges widerspiegelt.
Das Gegenteil ge-
schieht bei Schwin-
delanfällen , hier
werden die Far-
ben matter und
blasser bis zum
vollständigen Ver-
schwinden. Sol-
chen Einflüssen
ist das empfindli-
che Seelensystem
des Malers in be-
sonders hohem