Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 38.1916

DOI Artikel:
Jaumann, Anton: Das Auge des Malers, [3]
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.8538#0255

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Das Auge des Malers.

Max keldbauer Mitterndorf.

GEMÄLDE »LEIBHUSAREN« (1008).

Grade ausgesetzt. Jede Stimmung ändert sein
Sehen. Leidenschaftliche Erregung, nervöse
Überreiztheit facht die Farbe an, spitzt Gegen-
sätze, Disharmonien bis zur Unerträglichkeit.
Erschlaffung macht das Bild der Erscheinung
trübe und leer. Verzweiflung zerreißt alle kos-
mische Ordnung und läßt nur sinnlose Trüm-
mer, der Künstler wird darin zum Desorgani-
sator, er zerstört, er negiert sich selbst.

So vermag das Auge des Malers jede Deu-
tung in die Welt hineinzusehen, er sieht nicht,
niemals, was ist, stets äfft ihn die Welt mit dem

verzerrten, gesteigerten Spiegelbild seines eige-
nen, aus dem Gleichgewicht gebrachten Seelen-
zustandes. So schürt die Flamme sich mit dem
selbsterzeugten Sturm.

Das malerische Sehen ist eine Art Autosug-
gestion. Je heißer sich der Künstler an das
Schauen der Erscheinung hingibt, desto mehr
schwindet ihm die Aussicht, sie wirklich zu er-
fassen, desto mehr von seinem Eigenen sieht
er in die Welt hinein. Er will die Wirklichkeit in
all ihrer Erscheinungsintensität aufnehmen und
wiedergeben, und er wird dabei unversehens

ixix.

Juli ig16
 
Annotationen