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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 38.1916

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Servaes, Franz: Wiener Kunstschau in Berlin
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https://doi.org/10.11588/diglit.8538#0067

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Wiener Kunstschau in Berlin.

ANTON FAISTAUER —WIEN.

GEMÄLDE »AM SOPHA«

ist Felix Harta. Er hat in seiner Formgebung
oft etwas Verblasenes und kommt in seinen
Farbenrhythmen aus einem ziemlich engen Zir-
kel von Bläulich-Grau und -Weiß nicht heraus.
Schon hat sich eine Art von Konventionalismus
eingestellt, den der Künstler zu durchbrechen
haben wird, wenn er weiterkommen will.

Die stärksten oder doch am deutlichsten er-
kennbaren Talente der Wiener jungen Gene-
ration sind Oskar Kokoschka und Anton
Faistauer. Kokoschka hat von allem An-
fang an verblüfft und betreibt die Verblüffung
ein wenig als Spezialität. So hat er bei reichster
Begabung und unleugbarer Eigenart merkwürdig
viel Ungenießbares geschaffen. Doch scheint,
daß seine starke Kraft jetzt auf dem Gebiete
des Porträts, sowohl in der Kunst der Charak-
terisierung wie ia einem fulminanten maleri-
schen Vortrag, klarer zum Durchbruch kommt.
Vielleicht steht der Künstler grade jetzt an einer
glücklichen Pforte, die ihn hoffentlich ins Land
der Verheißung führen wird. Bei Anton
Faistauer bleibt vor allem zu wünschen, daß

er sich noch mehr vertiefe. Er hat ein außer-
ordentliches Handgelenk und einen ganz emi-
nenten Farbensinn, dazu einen so gesunden
malerischen Instinkt, daß er sich durch keinerlei
moderne Dogmen vom Studium der alten Mei-
ster zurückschrecken läßt. So hat Faistauer
unzweifelhaft viel gelernt und besitzt sehr viel
Bestechendes. Seine Stilleben haben zum Teil
bereits klassischen Wert, in seinen Akten strebt
er nach Majestät der Pinselführung, in seinen
Landschaften erlauscht er köstliche Geheim-
nisse der atmosphärischen Farbenspiegelung.
Nur muß er sich noch mehr innerlich festigen,
dann wird er vielleicht Hervorragendes leisten.

Noch andere junge Talente versprechen eine
Zukunft; vielleicht am ernsthaftesten Anton
Kolig, der stark ringt, indes noch viel Unklar-
heit zu beseitigen hat. Auch Jungnickel,
Eder, Schroeder, Wiegele wird man sich
merken müssen. Und in Erwin Lang steht
schon jetzt ein stilvoller Könner auf dem Gebiete
des Holzschnittes da. Also Hoffnungen wahr-
lich genug. Mögen sie in Erfüllung gehen! —
 
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