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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 38.1916

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Lüthgen, Eugen: Kunst im Kunstgewerbe
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https://doi.org/10.11588/diglit.8538#0374

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Kunst im Kunstgewerbe.

Ein Jeder fühlt, da
er sich mitten in
die herrschenden
Kunst-Anschauun-
gen derZeit hinein-
gestellt sieht, daß
ein Gemeinsames
vorhanden ist. Daß
dieses Gemein-
same so starke
und bindende Ver-
pflichtungen in sich
schließe, daß die
Aufstellung eines
die Vielheit zu-
sammenfassenden
übergeordneten
Begriffs eine folge-
richtige Notwen-
digkeit des Den-
kens sei. Dieses
den verschiedenen
Dingen Gleiche,
das Unwirkliche,
die über den Din-
gen liegenden ver-
geistigten Schwin-
gungen der sinn-
lichen Anschauung
sind nicht erklär-
bar durch den Hin-
weis auf den Ge-
brauchszweck. —
Um Klarheit über
das Wesen des
Kunstgewerbes zu
geben, seien hier
drei Grund - An-
schauungen vor-
weg genommen.
Die erste Erkennt-
nis, die die Auf-
merksamkeit fes-
selt, ist: es gibt
keine grundlegende
Trennung zwischen
bildender und an-
gewandter Kunst.
„Bildende Kunst
ist Gestaltung für
das Auge." Das
Kunstgewerbe oder
sagen wir einmal
die technischen
Künste schaffen
zwar nicht allein
für das Auge.

AUSFÜHRUNG: GROSSHERZ. MAJOLIKA-MANUFAKTUR-KARLSRUHE.

Kunstgewerblichen
Schöpfungen ist
der Gebrauchs-
zweck selbstver-
ständliche Voraus-
setzung; der Kunst
aber gehören sie
nur an, sofern sie
in künstlerische

Wirkungsformen
eingeschlossen
sind. Der tatsäch-
liche Gebrauchs-
zweck ist somit,
und das ist das
zweite, eine völlig
außerhalb künst-
lerischer Gestal-
tungsweisen lie-
gende Forderung,
die über die künst-
lerische Eigenart
der kunstgewerb-
lichen Schöpfung
nichts aussagen
kann. Der wirk-
liche Nutzwert
kann mit den ein-
fachsten oder den
verwickeltsten Mit-
teln erreicht wer-
den, wie es dem
Künstler beliebt:
die Wirkung auf
das Auge bleibt
entscheidend. —
Der zufällige Zweck
haftete gewisser-
maßen nur an der
Seelen-Oberfläche,
die Wurzeln dieser

Zweckbestimmt-
heit reichen nicht
hinaus über das
Gebiet der gedank-
lichen Überlegung.
Die bildende Kunst
aber hat keinen
größeren Feind als
die Anmaßung, die
eine Aufforderung
zu gedanklicherTä-
tigkeit enthält. —
Wo endlich fände
sich eine Grenze
zwischen Ge-
brauchszweck und
 
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