Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 38.1916

DOI article:
Jaumann, Anton: Architekt Friedrich Blume - Berlin
DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.8538#0419

DWork-Logo
Overview
loading ...
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
Architekt Friedrich Blume—Berlin.

ARCHITEKT FRIEDRICH BLUME—HER I,[ N.

»SUD-EINGANG DES VERWALTUNGS-GEBÄUDES«

Einzelne. Und hier allein liegt das Bedenkliche
in der neuesten Entwicklung. Wir kriegen Bahn-
höfe, in die man eigentlich nur in römischer
Toga treten kann, Fabrikgebäude, die griechi-
schen Tempeln gleichen. Man kann vielmehr
die klassischen Grundformen anwenden und
trotzdem den Charakter des Ortes und der Zeit
zum Ausdruck bringen. Ja, die Antike selbst
hat gar nicht die Reihe der klassischen Formen
erschöpft. Bei genauerem Zusehen finden wir,
daß die früharchaische Zeit, die Zeit des Halb-
dunkels, des Gärens und Keimens, gar manche
verheißungsvolle „Urform" mehr erahnt, ge-
funden, als errechnet hatte, die später unbe-
achtet am Wege verkümmerte, da sie nicht in
die Linie der Entwicklung paßte, mit dem Stand
der Technik, mit dem Geist der Zeit sich nicht
vereinen ließ. Mancher starke Keim wurde so
von der späteren griechischen Eleganz aufge-
sogen, um nie mehr zu eigenem Leben zu er-
wachen. Die Quaderblöcke wurden zu Wand-
aufteilungen, die Säulentrommeln verschwam-
men im Fluß der Kannelierung. Die Süße der
griechischen Linie, der harmonieselige Forma-
lismus hat von der Kraft der architektonischen

Urformen allzuviel hinweggeglättet, der For-
men, die vielleicht unsern neuen Zwecken und
Empfindungen viel mehr entsprochen hätten.
Unsere Architekten tun also Unrecht, wenn sie
sich auf den Kanon der späteren griechisch-
römischen Architektur beschränken. „Klassi-
scher" Stil verträgt sich nur dann mit modernen
Aufgaben und modernem Empfinden, wenn wir
gewissermaßen die Urformen aus den statischen
und ästhetischen Prinzipien neu finden und sie
unserer Zeit entsprechend ausgestalten.

Blume ist uns ein Beispiel dafür, daß schon
ab und zu die Neigung besteht, die klassischen
Formen sich selbst wieder neu zu suchen; er
sucht auch mehr an der archaischen Kunst an-
zuknüpfen, deren Urformen, deren rauher Cha-
rakter für monumentale Größe sich besser
eignet, als die spätere Glätte. Schon vor hun-
dert Jahren ist in Berlin der Versuch gemacht
worden, den Klassizismus von innen heraus zu
erneuern, doch sind damals Schinkel und sein
Kreis nicht wesentlich über dekorative Erfolge
hinausgekommen. Trotzdem schlummern in
ihren Arbeiten noch Anknüpfungspunkte genug,
die der Weiterbildung im modernen Sinn wert
 
Annotationen