A usstellungs -A rchitektur.
LOTTE PRIT/.EL
MÜNCHEN.
»TÄNZERIN
IN WEISS
UND GOLD«
mir nun ein künstlerisch nicht voll berechtigter
Puritanismus vorzuliegen, eineProgrammgemäß-
heit in falscher Richtung. Zu einer Ausstellung
großen Stils — ich meine also keine Fachaus-
stellung — gehört etwas Festliches, Freudiges!
Man muß herausgerissen werden aus dem All-
tag, die Bedeutung des zu Schauenden muß so
nachdrücklich zum Bewußtsein gebracht wer-
den, daß ein Hunger nach der Besichtigung ge-
weckt wird, und diese nicht als Pflicht erscheint,
sondern zu einem spannenden Vergnügen sich
gestaltet! Die großen Ausstellungen sind ja
Plakate: sie rufen und werben, und sie müssen
die schlagende, zwingende Eindruckskraft guter
Plakate haben. Das bedingt noch lange keinen
Abstieg ins anrüchige Gebiet des Banalen und
Ordinären. Jeder weiß heute, daß für ein Pla-
kat andere Gestaltungsgesetze gelten als für
ein Ölgemälde. Und die Anwendung der Ge-
staltungsgesetze des Plakats auf die Architek-
tur, das ergibt die richtige Ausstellungskunst.
Phantasie, Geschmack, kühner Wagemut sind
dazu erforderlich, verdichtende Vereinfachung
auf stärkste, eindringlichste Wirkung. Wir
möchten nicht von Plakaten in unseren Wohn-
stuben umgeben sein: sie erscheinen zu laut,
zu aufdringlich, sie zwingen sich auf! Das
müssen sie auch, wenn sie auf der Straße den
vorbeieilenden Fußgänger zum Anhalten, zur
Kenntnisnahme veranlassen sollen. Und darum
kann man in der Ausstellungs-Architektur man-
ches versuchen, dem unter gewöhnlichen Um-
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LOTTE PRIT/.EL
MÜNCHEN.
»TÄNZERIN
IN WEISS
UND GOLD«
mir nun ein künstlerisch nicht voll berechtigter
Puritanismus vorzuliegen, eineProgrammgemäß-
heit in falscher Richtung. Zu einer Ausstellung
großen Stils — ich meine also keine Fachaus-
stellung — gehört etwas Festliches, Freudiges!
Man muß herausgerissen werden aus dem All-
tag, die Bedeutung des zu Schauenden muß so
nachdrücklich zum Bewußtsein gebracht wer-
den, daß ein Hunger nach der Besichtigung ge-
weckt wird, und diese nicht als Pflicht erscheint,
sondern zu einem spannenden Vergnügen sich
gestaltet! Die großen Ausstellungen sind ja
Plakate: sie rufen und werben, und sie müssen
die schlagende, zwingende Eindruckskraft guter
Plakate haben. Das bedingt noch lange keinen
Abstieg ins anrüchige Gebiet des Banalen und
Ordinären. Jeder weiß heute, daß für ein Pla-
kat andere Gestaltungsgesetze gelten als für
ein Ölgemälde. Und die Anwendung der Ge-
staltungsgesetze des Plakats auf die Architek-
tur, das ergibt die richtige Ausstellungskunst.
Phantasie, Geschmack, kühner Wagemut sind
dazu erforderlich, verdichtende Vereinfachung
auf stärkste, eindringlichste Wirkung. Wir
möchten nicht von Plakaten in unseren Wohn-
stuben umgeben sein: sie erscheinen zu laut,
zu aufdringlich, sie zwingen sich auf! Das
müssen sie auch, wenn sie auf der Straße den
vorbeieilenden Fußgänger zum Anhalten, zur
Kenntnisnahme veranlassen sollen. Und darum
kann man in der Ausstellungs-Architektur man-
ches versuchen, dem unter gewöhnlichen Um-
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