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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 44.1919

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Düssel, Karl Konrad: Alfred Lörcher, Stuttgart
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https://doi.org/10.11588/diglit.9120#0280

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ALFRED LÖRCHER—STUTTGART.

»SITZENDE WEIBLICHE FIGUR.

ALFRED LÖRCh

Alfred Lörcher, der jetzt an der Kunstge-
£\. werbeschule seiner Vaterstadt Stuttgart
eine Professur übernommen bat, stützt seine
Kunst auf das gesicherte Fundament einer vol-
lendeten Werktüchtigkeit. Diese gediegene
handwerkliche Schulung, die Vertrautheit mit
dem Material, die Kenntnis der technischen
Mittel und Möglichkeiten ist viel. Besonders
viel für das Schaffen des Bildhauers, der von
allen bildenden Künstlern doch am engsten mit
seinem Material verbunden und auf die Will-
fährigkeit des Rohstoffes angewiesen ist. Jede
plastische Konzeption, die nicht von einer ge-
nauen Kenntnis des Rohstoffes, der technischen
Mittel und der damit inaig zusammenhängenden
Werkliebe geleitet und durchdrungen ist, ver-
liert sich allzu leicht ins Wesenlose, wie ein
anmaßender und windiger Akademismus zeigt,
der glaubt, plastisch denken und schaffen zu
können, ohne aus den Gegebenheiten des Ma-
terials heraus die plastisch-bildhauerische Form
zu erfühlen. Alfred Lörcher ist gegen diese
Gefahr gefeit. Er hat aus seiner tüchtigen hand-
werklichen Schulung eine souveräne Kenntnis

R-STUTTGART.

des Materials gewonnen, das als Substrat der
Formidee dienen muß. Und er besitzt jene
meisterliche Werkliebe, die formale Exzesse
vermeidet und mit behutsamer Hand die letzten
und feinsten Möglichkeiten dem Rohstoff abge-
winnt. Gerade diese Werkliebe gibt Lörchers
Arbeiten einen bedeutenden Teil ihres schönen,
sicheren, ruhigen Charakters. Vor allem Lör-
chers große Plastiken sind ganz Ruhe und Ge-
schlossenheit. Sie sind nicht nur in der Phan-
tasie geschaut als ein formal zentrierter Aus-
druckskomplex, sie sind auch mit der formenden
Hand des passionierten Bildhauers erfunden. —
Im Gegenständlichen ganz einfach und schlicht,
behandeln diese Plastiken Lörchers mit beson-
derer Neigung das plastische Motiv des liegen-
den oder des kauernden weiblichen Aktes.
Dabei scheint Lörcher im Bildhauerischen stets
beherrscht vom Blockgedanken, der sich in der
absoluten Geschlossenheit desGesamteindrucks
manifestiert. Alles wird der Leitidee der großen
plastischen Form untergeordnet. Keine Linie,
keine Bewegung, kein Detail, die sich nicht als
Konstituentien dieser plastischen Form aus-

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