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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 62.1928

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Fischer, Eugen Kurt: O. Th. W. Stein, Chemnitz
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https://doi.org/10.11588/diglit.9251#0041

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O. TH. W.
STEIN.
GEMÄLDE
»BADENDE«

O.TH.W. STEIN-CHEMNITZ

Entscheidend für die Beurteilung eines Künst-
lers und seines Werkes ist zweierlei: sein
Verhältnis zur Wirklichkeit und sein Können,
mit dem er dieses Verhältnis im Kunstwerk dar-
stellt. Beschäftigt man sich mit O.Th.W. Stein,
dann ist es zwar nicht unerläßlich notwendig
aber doch vielleicht recht gut, den Mann und das
Werk nicht gesondert zu betrachten , denn bei
ihm wie bei wenigen anderen wird die Proble-
matik des modernen Künstlers deutlich, der im
allgemeinen nicht mehr naiv ist, wie der Schöpfer
eines mittelalterlichen Tafelbildes etwa, sondern
belastet mit einer Fülle von Wissen um das
Kunstschaffen großer Meister aller Zeiten und
Völker, um die Kunsttheorien im Wandel der
Geschichte und um die Stellung des Schaffen-
den in seiner geistigen und sozialen Umwelt.
O. Th. W. Stein gehört nicht zu den Glücklichen,
die sich aus Trägheit des Herzens oder mangeln-
der geistiger Kultur über all das wegsetzen
können, er ist aber auch kein Steckenbleiber,

den der Eindruck fremden Schaffens oder
Meinens unselbständig macht und zum Manie-
risten herabdrückt. Wenn der Kunstkritiker
Beziehungen zu dem großen Corot, zu den
kultiviertesten Malern des „Dixhuitieme" und
— in sehr übertragenem Sinne — sogar zu
Rembrandt feststellt, so bedeutet das bei
Stein nie ein epigonales Verhältnis zu „Vor-
bildern", sondern immer nur eine Verwandt-
schaft in der letzten Zielsetzung, die begreif-
licherweise auch zu einer Verwandtschaft der
Darstellungsmittel führen muß. Diese Ziel-
setzung aber ist bei Stein eine besondere und
beglückende. Das Wirklichkeitsbild einer so
verfeinerten Künstlernatur kann nichts gemein
haben mit dem der lauten Veristen, Symbolisten
oder Exhibitionisten ihrer chaotischen Innen-
welt, es kann aber auch nicht das der Absoluten
sein, die klar und rational zur platonischen Idee
in Form und Farbe vordringen und das Geheim-
nis aus ihrer mathematisch reinlichen Kunst-

XXXI. April 1928. 4
 
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