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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 62.1928

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Schürer, Oskar: Deutsche Kunst Düsseldorf 1928
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https://doi.org/10.11588/diglit.9251#0233

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Deutsche Kunst Düsseldorf 1928

W. LAVES-
BERLIN.
»LICHTER-
FELDE«

nie mit diesem Schlagwort einzufangen. Wohl
aber hatten sich alle impulslosen Pinsler unter
seine Fittiche gedrückt, ihre Leinwände geglättet
und abgeschleckt — und der Erfolg ist nun
heute diese spießige Erbärmlichkeit, die hier uns
noch hie und da begegnet. Man mag den „Ex-
pressionismus", da er nun ja mal erledigt ist,
verlästern wie man will: er hat doch Geist und
tausend Formfragen aufgewirbelt und in seinen
Besten hatte er feurige Kämpfer. Diese „Neue
Sachlichkeit" hat nur Duckmäuserei hinter dem
Ofen vorgelockt und seine ganze Kampfnatur
bestand in einer Aalglattheit, an der die Blicke
des Betrachters heute Gott sei Dank wieder aus-
gleiten. Auch ein Kanoldt war ja viel zu stark,
als daß er in der Neuen Sachlichkeit aufgegan-
gen wäre. Und doch hat er sich beeinflussen
lassen. Sein „Stilleben" hier ist kein guter Weg.
Von den kleinen Poseuren wollen wir schweigen.
Aber verschweigen wollen wir in diesem Zu-
sammenhang nicht unser Geständnis, daß der
Raum, in dem mancherlei Expressionisten zu-
sammenhängen, uns immer noch mit großer
Lust erfüllt. Da spannen sich Energien, — man
kann über die Krampfhaftigkeit der Form jam-
mern, so viel man will. Schmitt-Rottluff ist
heute schwer zu betrachten. Aber seine Form
spannt und hämmert und baut Raum. Und seine
Farben — kraß und oft roh — bauen doch mit an

dieser Gestaltung. — Und Kirchner schlürft
heute schöne schwere Klänge ein mit seinen
breitgesehenen Sichten. Beckmann stößt über
beide hinaus. Daß sein großes „Stilleben mit
Fernrohr" hier nicht so wirkt, wie in Mannheim,
hegt an der ungünstigen Hintergrundfärbung.
Von ihm weiter unten noch mehr. Das einzig
Gute der „Neuen Sachlichkeit" ist, daß sie uns
die Augen geöffnet hat für Eigenbrödler, die
seit 50 Jahren fern aller Zeitentwicklung doch
die Zeit auf ihre Art miterlebten. Die auswahl-
reisenden Künstler haben in München einen
sympathischen stillen Maler entdeckt: Edmund
Stepp es, dessen liebevolle Natursichten das
Erbe Haiders in persönlicher Abwandlung
pflegen. Auch der Holzfäller Dietrich hat
sein Bekanntwerden sicher dieser Mode-Ein-
stellung zu danken, aber auch er ragt durch
seine gesunde Art über sie hinaus. Tiefer er-
scheint mir der malende Weinhändler TrHi-
ll aase aus Düsseldorf. Da steckt manchmal
etwas von dem drin, was uns an Rousseau
aufschauern läßt. Dies sei mit Wahrung des
gebührenden Abstands gesagt. — Recht unter-
haltsam ist die Gegenüberstellung: Richard
Müller — Dix. Will man den unglaublich ge-
wandten Zeichner und Konstatierer Müller zum
Großvater der „Neuen Sachlichkeit" stempeln?
Das Nebeneinander zeigt, daß Müller ebenso-

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