Münchener Neue Secession 1929
martin lauterburg
»stilleben mit wecker«
Kompositionen durch sachliche, klargeformte
Rhythmik, die das karge Gerüst durch tonige
Harmonien belebt und bereichert. Das viel-
stimmige Ensemble weist weiterhin eine Kol-
lektion der durch feingestuftes Kolorit und aus-
geglichenen Raumbau ausgezeichneten Tafeln
Hugo Troendles, die feinnervigen Naturaus-
schnitte O.Coesters, einige kräftige Veduten
J. W. Schüleins und die kultivierten Still-
leben Martin Lauterburgs auf, der auch ein
meisterliches Bildnis von Ricarda Huch zeigt.
Georg Schrimpf ist durch innige Landschaften
und Figurenbilder, Erich Glette durch die
koloristisch reizvolle „Witwe" und überzeu-
gende Naturimpressionen vertreten.
Der sechzigjährige Heinrich Brüne wird durch
eine etwa fünfzig Werke umfassende Kollektion
geehrt, die durch reiche, innerlich gesteigerte
Naturanschauung und eine reife, malerisch kul-
tivierte Handschrift bewegt. Vielfache An-
regungen, die der Künstler offensichtlich der
französischen impressionistischen und nach-
impressionistischen Malerei dankt, sind zu einer
durchaus persönlichen und lebendig gesteigerten
Anschauung geformt, die Natur und Mensch als
organisches Gewächs begreift und als rhythmi-
sche Harmonie gestaltet. Es ist ein sehr be-
dauerliches Symptom der heutigen kunstpoliti-
schen Situation Deutschlands, in der vielfach die
dauernde Qualität hinter gesinnungstüchtiger
Richtung und sensationellem Programm zurück-
stehen muß, daß das Schaffen dieses sympathi-
schen, durch handwerkliches Können und
geistige Vitalität ausgezeichneten Künstlers bis-
lang nach Verdienst nicht gewürdigt worden ist.
Die plastische Abteilung steht hinter der male-
rischen beträchtlich zurück und die Verantwor-
tung für dieses negative Ergebnis trägt durch-
aus nicht, wie man nach dem Besuch dieser
Ausstellung vermuten könnte, die künstlerisch
deutsche und ausländische Situation. Scharff,
Fiori, Haller, Albiker, Kolbe, Renee Sintenis —
um nur diese zu nennen — fehlen, Claus ist
unzureichend vertreten. Bemerkenswert sind die
Arbeiterfiguren Fritz K o e 11 e s, eine interessante
Porträtkomposition Wilhelm Malys und eine
umfangreiche Kollektion des Berliner Wilhelm
Gerstel, die durch klare Anschauung und
sympathisch ruhige Übersetzung der plastischen
Form gekennzeichnet ist. . . dr. kurt pfister.
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martin lauterburg
»stilleben mit wecker«
Kompositionen durch sachliche, klargeformte
Rhythmik, die das karge Gerüst durch tonige
Harmonien belebt und bereichert. Das viel-
stimmige Ensemble weist weiterhin eine Kol-
lektion der durch feingestuftes Kolorit und aus-
geglichenen Raumbau ausgezeichneten Tafeln
Hugo Troendles, die feinnervigen Naturaus-
schnitte O.Coesters, einige kräftige Veduten
J. W. Schüleins und die kultivierten Still-
leben Martin Lauterburgs auf, der auch ein
meisterliches Bildnis von Ricarda Huch zeigt.
Georg Schrimpf ist durch innige Landschaften
und Figurenbilder, Erich Glette durch die
koloristisch reizvolle „Witwe" und überzeu-
gende Naturimpressionen vertreten.
Der sechzigjährige Heinrich Brüne wird durch
eine etwa fünfzig Werke umfassende Kollektion
geehrt, die durch reiche, innerlich gesteigerte
Naturanschauung und eine reife, malerisch kul-
tivierte Handschrift bewegt. Vielfache An-
regungen, die der Künstler offensichtlich der
französischen impressionistischen und nach-
impressionistischen Malerei dankt, sind zu einer
durchaus persönlichen und lebendig gesteigerten
Anschauung geformt, die Natur und Mensch als
organisches Gewächs begreift und als rhythmi-
sche Harmonie gestaltet. Es ist ein sehr be-
dauerliches Symptom der heutigen kunstpoliti-
schen Situation Deutschlands, in der vielfach die
dauernde Qualität hinter gesinnungstüchtiger
Richtung und sensationellem Programm zurück-
stehen muß, daß das Schaffen dieses sympathi-
schen, durch handwerkliches Können und
geistige Vitalität ausgezeichneten Künstlers bis-
lang nach Verdienst nicht gewürdigt worden ist.
Die plastische Abteilung steht hinter der male-
rischen beträchtlich zurück und die Verantwor-
tung für dieses negative Ergebnis trägt durch-
aus nicht, wie man nach dem Besuch dieser
Ausstellung vermuten könnte, die künstlerisch
deutsche und ausländische Situation. Scharff,
Fiori, Haller, Albiker, Kolbe, Renee Sintenis —
um nur diese zu nennen — fehlen, Claus ist
unzureichend vertreten. Bemerkenswert sind die
Arbeiterfiguren Fritz K o e 11 e s, eine interessante
Porträtkomposition Wilhelm Malys und eine
umfangreiche Kollektion des Berliner Wilhelm
Gerstel, die durch klare Anschauung und
sympathisch ruhige Übersetzung der plastischen
Form gekennzeichnet ist. . . dr. kurt pfister.
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