FRANZ ZÜL0W—WIEN
GEMÄLDE »PFERDE«
OBJEKTIVE KUNSTWERTE
VON DR. FRITZ NEMITZ
L|ber die Beurteilung von Kunstwerken läßt
; sich streiten. . Dasselbe Bild wird von
dem einen als ausgemachter Kitsch bezeichnet,
von einem anderen als hochwertig. Ein all-
gemeines Wertungsprinzip besteht nicht. Im
Gegenteil: in Wertfragen gehen die Meinungen,
besonders gegenüber der Produktion der Gegen-
wart, fast immer auseinander.
Die Kunstgeschichte selbst hat sich mit dem
Problem objektiver Wertung bisher noch kaum
beschäftigt. Die Kunstgeschichte ist in der
Hauptsache Quellen- und Stilkritik. Erst in letz-
ter Zeit sind Kunsthistoriker wie Tietze, Strzy-
gowski, Zierer diesen Fragen nachgegangen.
Andererseits gilt die Meinung, objektive
Kunsturteile seien unmöglich; es laufe schließ-
lich auf ein persönliches Gefallen oder Mißfallen
hinaus, auf ein Ich-empfinde-nun-einmal-so.
Wer so argumentiert, ist insofern im Recht, als
sich in der Tat der Wert eines Kunstwerkes, oder
was dasselbe ist, seine Qualität, seine Schönheit
nicht beweisen läßt. Das Kunsterlebnis voll-
zieht sich im Gefühl, im Unbewußten, und ist
im letzten verstandesmäßig nicht faßbar, ge-
schweige denn meßbar. Wohl handhaben wir
das Gesetz von der Qualität des Gefühls instinkt-
mäßig, ohne zu zweifeln, können aber den An-
spruch auf objektive Gültigkeit des Urteils nicht
exakt beweisen.
Ohne Zweifel ist das Kunstwerk Träger all-
gemeingültiger, überindividueller und überzeit-
licher Werte, und je mehr es von den Bedingt-
heiten der Zeit, des Zweckes gereinigt ist, umso
länger wird es wirken. Wie sollte sonst der
„Ewigkeitsgehalt" großer Schöpfungen erklärt
werden! — Es ist ja die Paradoxe der Kunst,
daß Irrationales am Bedingten faßbar, daß Über-
sinnliches sinnlich greifbar geworden ist, daß
im Kunstwerk Absolutes und Bedingtes über-
haupt vereinbar dargestellt zu werden vermag.
GEMÄLDE »PFERDE«
OBJEKTIVE KUNSTWERTE
VON DR. FRITZ NEMITZ
L|ber die Beurteilung von Kunstwerken läßt
; sich streiten. . Dasselbe Bild wird von
dem einen als ausgemachter Kitsch bezeichnet,
von einem anderen als hochwertig. Ein all-
gemeines Wertungsprinzip besteht nicht. Im
Gegenteil: in Wertfragen gehen die Meinungen,
besonders gegenüber der Produktion der Gegen-
wart, fast immer auseinander.
Die Kunstgeschichte selbst hat sich mit dem
Problem objektiver Wertung bisher noch kaum
beschäftigt. Die Kunstgeschichte ist in der
Hauptsache Quellen- und Stilkritik. Erst in letz-
ter Zeit sind Kunsthistoriker wie Tietze, Strzy-
gowski, Zierer diesen Fragen nachgegangen.
Andererseits gilt die Meinung, objektive
Kunsturteile seien unmöglich; es laufe schließ-
lich auf ein persönliches Gefallen oder Mißfallen
hinaus, auf ein Ich-empfinde-nun-einmal-so.
Wer so argumentiert, ist insofern im Recht, als
sich in der Tat der Wert eines Kunstwerkes, oder
was dasselbe ist, seine Qualität, seine Schönheit
nicht beweisen läßt. Das Kunsterlebnis voll-
zieht sich im Gefühl, im Unbewußten, und ist
im letzten verstandesmäßig nicht faßbar, ge-
schweige denn meßbar. Wohl handhaben wir
das Gesetz von der Qualität des Gefühls instinkt-
mäßig, ohne zu zweifeln, können aber den An-
spruch auf objektive Gültigkeit des Urteils nicht
exakt beweisen.
Ohne Zweifel ist das Kunstwerk Träger all-
gemeingültiger, überindividueller und überzeit-
licher Werte, und je mehr es von den Bedingt-
heiten der Zeit, des Zweckes gereinigt ist, umso
länger wird es wirken. Wie sollte sonst der
„Ewigkeitsgehalt" großer Schöpfungen erklärt
werden! — Es ist ja die Paradoxe der Kunst,
daß Irrationales am Bedingten faßbar, daß Über-
sinnliches sinnlich greifbar geworden ist, daß
im Kunstwerk Absolutes und Bedingtes über-
haupt vereinbar dargestellt zu werden vermag.