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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 65.1929-1930

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Pfister, Kurt: Zu neuen Arbeiten J. W. Schüleins
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https://doi.org/10.11588/diglit.9252#0178

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j. w. schülein—münchen

f.

»jahrmarktbude in paris*

ZU NEUEN ARBEITEN J. W. SCHÜLEINS

Das Schaffen J. W. Schüleins dankt dem
französischen Impressionismus entschei-
dende Impulse. Aber nicht in dem für manche
Zeitgenossen geltenden Sinn, daß er eine Dok-
trin und ihre Formeln schematisch übernahm
und einem artfremden Organismus gewaltsam
aufpfropfte. Vielmehr bedeutete für diesen
Maler die impressionistische Welt und ihre Rea-
lisation ein unmittelbares Erlebnis, das mit der
eigenen Anschauung, den persönlichen geistigen
und künstlerischen Zielen sich deckte und or-
ganisch mit ihnen verwuchs.

Es ist bezeichnend, daß Schülein fast nie das
Thema des Bildnisses, des Stillebens, des Innen-
raumes, der figuralen Komposition behandelt
hat. Seine feinnervigen, kultivierten Tafeln
schildern die französische und bayerische Land-
schaft, Stadtbilder von Paris und München. In
früheren Arbeiten überwog die Neigung zum
malerischen Detail, zum reizvollen Ensemble,
das ein charakteristisch gewählter Ausschnitt
der Landschaft, eine Platzvedute im Spiel von
Licht und Atmosphäre darbietet.

Es kennzeichnet die in den letzten Jahren
entstandenen Bilder des Malers, von denen

hier zwei repräsentative Beispiele gezeigt wer-
den, daß sie zu einer stärkeren rhythmischen
Synthese, zur bewußten Betonung der archi-
tektonischen Struktur, zum klar gebauten Ge-
rüststreben, daß das Ensemble der malerisch be-
wegten Fläche der Dominante eines herrschen-
den Farbklanges untergeordnet wird. Es über-
wiegt, ohne daß der Natureindruck verleugnet
würde, die innere Anschauung: die sinnliche
Realität wird, in stärkerem Maß als früher, als
geistiger Organismus begriffen. Gewiß hat
die Auseinandersetzung mit der nachimpres-
sionistischen Malerei Frankreichs, wir denken
etwa an das Werk Utrillos, diese Entwicklung
beeinflußt. Aber auch hier bedeutet die An-
regung keine nachahmende Übernahme, viel-
mehr die bestätigende Steigerung der eigenen
Erlebnisse und der persönlichen künstlerischen
Ziele. Vielleicht ist die Wendung auch durch
die Erinnerung an eigene tonige Früharbeiten
— Schülein war noch Schüler Habermanns —
bestimmt worden und ist so als eine unter dem
Einfluß von Krieg und Nachkriegszeit erfolgte
Abkehr von der illusionistischen Malerei der
schönen Oberfläche zu verstehen. . . . dr. k. p.

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