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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 65.1929-1930

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Ritter, Heinrich: Der Maler Ewald Vetter
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https://doi.org/10.11588/diglit.9252#0099

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ewald vetter—aschau

gemälde »mutter und kind«

DER MALER EWALD VETTER

Der Maler Ewald Vetter ist einen schweren
Weg gegangen, bald in Weltfreundschaft
nach außen gewandt, bald esoterisch über die
inneren Geheimnisse gebeugt. Er gehört zu
jenen modernen Künstlertypen, die unter sich
verbunden sind nicht durch eine objektiv zu
kennzeichnende Malweise, sondern durch die
Gesinnung: Malerei ist gesammelter Ausdruck
der ganzen Persönlichkeit, nicht ein Können
oder ein Handwerk für sich. In gewissem Sinne
ist Ewald Vetter Symbolist, Wissender um die
Bedeutung des Sinnfälligen, ringend um jene
Durchleuchtung des Darstellungsprozesses, die
diesen fähig macht, im selben Zuge die Wirk-
lichkeit und die tiefere Bedeutung anzugeben.

Die Kriegszeiten scheuchten diesen ernsten
Menschen in eine esoterische Weltablehnung.
Er mühte sich um die Darstellung der erkannten
und gesehenen Kräfte, um Christus, um Judas,
um die Passion. Aber zum Werk — man sieht
es an allen Versuchen theosophischer Malerei,
die sich immer in Gespensterreiche verirren —
kommt nur derjenige, der auch die sinnfällige
Welt vollkommen und unbedingt ernstzunehmen

vermag. Dieses Vermögen ward Ewald Vetter
durch die südliche Landschaft geschenkt, diese
große Bekehrerin der in einem geistigen Abseits
Verlorenen. „Er erwacht", so sagt ein Freund
von dieser Wendung, „zum tatsächlich sich ab-
spielenden Leben im Süden; sieht, daß es Frauen
gibt, Blumen, Kinder, Farben — Freuden. Und
kauft sich Farben, von denen er keine Ahnung
hatte, nicht zum Malen, nur sie anzuschauen;
kehrt zurück nach Deutschland und sieht und
erlebt Grün, Hunderte von Grün, erlebt Blau,
Hunderte von Blau zum Rot — und malt, jauch-
zend, verzweifelnd über die Fülle, die herein-
gestürzt ist, malt, vernichtet, schaut und staunt,
fängt immer wieder neu an — Jahre lang".
Ein Aufenthalt in Paris bringt ihm Beruhigung
und Festigung. Die Menschen der Normandie,
in deren schlichtem Wesen sich ein volles Leben
so einfach und faßlich darstellt, wachsen ihm
ans Herz. Er ringt sich endlich zu dem durch,
was seiner Natur von Grund aus gemäß ist:
zu einer echten Freundschaft mit Welt und
Menschen, und in seiner Arbeit zu einer ruhigen,
fließenden, reinen Melodie. . . Heinrich ritter.

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