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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 65.1929-1930

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Schürer, Oskar: Von Kunst und Kritik
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https://doi.org/10.11588/diglit.9252#0024

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Von Kunst und Kritik

ALEXANDER
KANOLÜT—
B R E S LAU.
»STILLEBEN«

zeß vor oder nach der kritischen Haltung völlig
durchempfunden hat. Der Künstlerkritiker ist
in diesem idealen Sinne also eine Person. Das
tief freundschaftliche Verhältnis, das zwischen
manchem Künstler und Kritiker fruchtbar ge-
waltet hat, ist dessen Spiegelung. Und das
19. Jahrhundert — das kritische! — hat ja be-
sonders bei den Franzosen so manches Beispiel
des Zusammenfalls beider Funktionen im glei-
chen Individuum gezeigt (Baudelaire, Gautier
u. a.). Kunst und Kritik sind die Pole des dia-
lektischen Prozesses, den jede schöpferische
Tätigkeit darstellt.

Die Spaltung in die beiden entgegengesetzten
Charaktere tritt nun aber notwendig ein. Das
Überwiegen der einen Komponente des Ver-
hältnisses erzwingt sich die Vorherrschaft: es
scheidet sich der Künstler vom Kritiker, — es

scheidet sich Kunst von Kritik. Ein Gegen-
einander entsteht, dessen Wertvollstes der
Kampf ist. Allerdings ist dieser Kampf auch
das am häufigsten Mißverstandene. Wollte man
bei seiner Beurteilung doch weniger die beiden
Kontrahenten als vielmehr das eine Zielsehen!
Dieser Kampf geht um die Idee. Von zwei Seiten
aus wird sie erstrebt, zwei einander bedingende
Mächte des Geistes mühen sich um sie. Die
künstlerische und die kritische Haltung, — sie
beide ringen um das allein Geltungsberechtigte,
die eine als Anspruch, die andere als Urteil.

Die Berechtigung der Kunst innerhalb dieses
Verhältnisses ist seit einigen tausend Jahren so
ziemlich anerkannt (erst in diesen Jahren wurde
ihr von einigen „Prophetchen" die Daseins-
berechtigung abgesprochen, was uns nicht wei-
ter zu kümmern braucht). Anders steht es mit
 
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