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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 65.1929-1930

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Grüttefien, Ernst: Georg Merkel
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https://doi.org/10.11588/diglit.9252#0033

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GEORG MERKEL—WIEN

»LANDSCHAFT MIT BRÜCKEt

GEORG MERKEL

VON DR. ERNST GRÜTTEF1EN—WIEN

Im heutigen Wien lebt eine Anzahl Künstler,
die noch auf dem Boden der alten polyglotten
Habsburgischen Monarchie aufgewachsen, auch
in ihrer Kunst eine Synthese der verschieden-
sten nationalen Kulturen aufweisen. Vielleicht
der interessanteste dieser Künstler ist Georg
Merkel, über den diese Zeitschrift bereits im
Februarheft 1924 einen Aufsatz veröffentlicht
hat. Seitdem ist die Entwicklung Merkels in
glücklichster Folgerichtigkeit zu einer künst-
lerischen Höhe fortgeschritten, die ihn den Aller-
ersten der lebenden Generation anreiht.

In Lemberg in sehr ärmlichen Verhältnissen
geboren, führte sein guter Stern Georg Merkel
in dem Kunstfreund Karol Katz frühzeitig einen
Mäzen zu, der es ihm ermöglichte, die Krakauer
Akademie zu beziehen. Im Jahre 1909 über-
siedelte Merkel nach Paris, wo durch die Kunst
des Puvis de Chavannes in ihm eine ver-
wandte Saite angeschlagen wurde. In Paris stand
Merkel auch in freundschaftlichen Beziehungen
zu seinem verstorbenen Landsmann Eugen

Zak. Der Krieg zwang Merkel zur Rückkehr
nach Österreich. Merkels Kunst bewegt sich
in einer steil aufsteigenden Linie. Man hat
ihn mit Karl Hofer und Picasso verglichen. In
der Tat ist der erste künstlerische Leitstern
Merkels das Streben nach der reinen, klaren,
großen Form. Auf diesem Wege hat er den
Umweg Picassos über den Kubismus nicht be-
nötigt. Als er in der Form seinen Stil gefunden
hatte, ging Merkel auf die Farbe los. Auch
hier gelang ihm die für ihn passende Synthese
und seine Farbe bekam eine Leuchtkraft,
wie sie nur wenigen Begnadeten gegeben ist.
Nun folgte Merkels dritte Periode. Sie be-
herrscht sein Streben nach Konzentra-
tion und Vereinfachung.

Merkels Bilder wirken schon in der Schwarz-
weiß-Reproduktion ungemein stark, weil ihr
formales Gerüst von bezwingender Eindringlich-
keit ist. In der Gegenwirkung der Horizontalen
und Vertikalen, wobei den Diagonalen eine den
Halbtönen verwandte Funktion zukommt, hat

XXXIII OMober 1929. 3
 
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