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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 65.1929-1930

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Pfister, Kurt: Dem Andenken Anselm Feuerbachs
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https://doi.org/10.11588/diglit.9252#0048

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Dem Andenken Anselm FeiterbacJis

risse und des Kolorits, Ziel der südlichen Jahre,
wird schon in den Bildern der Münchner Lehr-
zeit, dem „kleinen Pan" und der „Pieta" von
1849, erstrebt. Das ebenfalls in München ge-
schaffene Gemälde der „Trauben stehlenden
Windgötter" weist schon auf die merkwürdige,
für die monumentalen Spätwerke so charakte-
ristische Synthese von bewegter Gesamtaktion
und beruhigter Einzelform hin. Andererseits
wirken, mag sich der Künstler auch mit be-
wußter Schärfe von ihnen abgewandt haben,
in manchen Werken der italienischen Epoche
die Kunstmittel der französischen Schule Cou-
tures nach : die von rosa und blauen Akkorden
getragene farbige Harmonie, der Rhythmus der
Bewegungsgesten und des Bildbaues.

Wenn Feuerbach selbst den idealischen Stü-
he griff, der ihm vorschwebte, als richtiges
Weglassen des Unwesentlichen definiert, so ist
damit eine bedeutsame, freilich nur negative
Deutung seines Schaffens gegeben. Und es be-
zeichnet die Problematik auch des in Italien
geschaffenen Werkes, daß es, im ganzen ge-

sehen, wohl einen gewaltigen Stilwillen, aber
keinen einheitlichen Stilausdruck doku-
mentiert. Wenn der Maler seiner Arbeit das
geistige Ziel setzte, sie solle ganz einfach und
zugleich dramatisch wirken, so liegt hier ein
Dualismus des Wollens vor, der auch in der Form
nie vollkommen überbrückt werden konnte,
sich vielmehr hier in der Gegensätzlichkeit von
malerischer Anlage und plastisch-zeichnerischer
Durchbildung auswirkte. Bezeichnend für diese
innere Dissonanz ist die Tatsache, daß bei gleich-
zeitig entstehenden Werken, wie dem Titanen-
sturz und dem Konzert, so unter sich artandere
Meister wie Michelangelo und Raffael, dem
Maler vor Augen standen. Nur dann, wenn das
seelische Substrat der malerischen Anschauung
entsprach, wenn wie in jener ersten Fassung der
„Iphigenie" oder in dem „Orpheus und Eury-
dike"-Bild der innere Ausgleich zwischen
den Harmonien der Idee und der Form vor-
handen war, konnte sich Feuerbachs Ingenium
in seiner geistigen Tiefe und feierlichen Rhyth-
mik voll verwirklichen....... kurt pfister.

PAUL STRECKER-PARIS. GEMÄLDE »TRUTHENNE« 1928

tili GENEHMIGUNG DER GALERIE ELECHTHEIM
 
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