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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 65.1929-1930

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Dreyfus, Albert: Lucien Maillol, Paris
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https://doi.org/10.11588/diglit.9252#0164

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Luden Maillol- Paris

lucien maillol

»tänzerinnen« 1928

des Strichs. Ein Spiel oft mehr als ein Ringen.
— Dann reizt ihn die Tänzerin ; nicht wie Degas
ihre Konturierung, gleichsam ihr Starrwerden
im Licht, sondern die zusammenschwingenden
Bewegungen der Arme und Beine.

Maillol steht zwischen altem Ballett und mo-
dernem Variete. Wenn jetzt im Music-Hall
zehn, zwanzig Mädchen zusammen tanzen, so
sieht man nur einen zehn- und zwanzigfach
potenzierten Tanzschritt. Maillol malt die Kol-
lektivgeste zweier Mädchen. Er differenziert
indessen die Bewegung der beiden Doppelbeine,
er verweilt bei Einzelheiten. Er schildert die
Falten der Gewänder so ausführlich wie ein
italienischer Barockmaler, er läßt kein Ge-
schmeide aus. Aber er entfärbt es, um nicht
den Hauteffekt zu beeinträchtigen, hat also
Verständnis dafür, daß es nicht auf gegenständ-
liche Ausbreitung, sondern auf Fixierung des
Wichtigsten in Bewegung und Farbe ankommt.

Öfters hat er die Sisters B., zwei Tänzerinnen
aus dem Moulin Rouge, gemalt. Er wandelt ver-
schiedene Stadien der in die Bewegung geschleu-
derten oder aus der Bewegung zur Ruhe zurück-

kehrenden Körper ab, am eindrucksvollsten
vielleicht in dem Bild, in dem die Tänzerinnen,
von Beifall überschüttet, mit zugeworfenen
Anemonen-Buketten, dankend den Rumpf tief
gegen die Rampe beugen. Noch zittert die Er-
regung des Tanzes nach, gesteigert ist die
Lebensintensität durch das Glück des Erfolgs.

Vielleicht ist Maillols bisher gelungenstes
Bild das in eine Schärpe gehüllte sitzende Mäd-
chen, das den Kopf und die übereinanderge-
schlagenen Beine nach links wendet, mit den
Händen nach der rechten Schulter faßt. Die
Komplementärfarben Rot und Grün geben den
Hauptklang ab, graugelb ist der Hintergrund. Das
Ganze in eine dekorative Linie eingeschrieben.

Luciens weiterer Weg liegt deutlich vorge-
zeichnet: bei der Heftigkeit der Hingabe an sein
Thema straffes Auf-sich-selbst-zurückziehen,
kostbar sein nicht durch den Gegenstand, son-
dern durch die Materie der Darstellung, hart,
wählerisch sein in dem Vielerlei des Schnell-
geschauten. Entsprechend das Ziel: intensivste
Bewegung in gemessensten Formen. — DerName
Maillol: Antrieb und — Verpflichtung. . a. d.
 
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