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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 65.1929-1930

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Kuhn, Alfred: Ausstellung: Die schöne Tasse
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https://doi.org/10.11588/diglit.9252#0295

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»BEMALTE
TASS Ec

UM 1803

AUSSTELLUNG: DIE SCHÖNE TASSE

Die Staatliche Porzellanmanufaktur zeigt
augenblicklich eine überaus reizvolle rück-
schauende Ausstellung betitelt „Die Tasse".
Der neue Direktor Freiherr Günther von Pech-
mann wünscht offensichtlich, bevor er sich in-
dividueller schöpferischer Tätigkeit zuwendet,
sich fest auf den Boden einer großen Ver-
gangenheitzustellen, die künstlerisch schlechter-
dings Vollendetes auf dem Gebiete der Por-
zellankunst geschaffen hat, was einen Blick in
die augenblickliche Schau von Neuem erhärtet.

Es wird begonnen mit Objekten aus der Fa-
brik von Wilhelm Caspar Wegely (1751 — 1757).
Diese erste Berliner Manufaktur stand in dem
Rufe zwar technisch gelungenes Porzellan zu
produzieren, jedoch künstlerisch von geringem
Werte. Man ist heute anderer Ansicht. Die
Tasse mit Unterschale, die wir zeigen, glatte
Form mit purpurnem Blumenstrauß und Streu-
blumen als Dekoration, ist klassisch in ihrer
Form wie in ihrer Bemalung. Nirgends Extra-
vaganzen: schlichte Schönheit und Zweck-
mäßigkeit regieren. Die Blumen sind nicht

naturalistisch, sondern sie sind nach der Rich-
tung stilisiert, in der Fläche entwickelt werden
zu können.

Die zweite Epoche dokumentiert die Gotz-
kowsky-Tasse, glatte Form mit Asthenkel, an
den Rändern Goldmosaik auf Chamoisgrund,
eingefaßt von eisenroten Rocaillen. Auf den
Flächen und dem Grunde des Bechers aus
Eisenrot und Gold, sogenannte indianische
Blumen. Das Mosaik in Form von Schuppen-
muster wurde von Meißen übernommen.

Zopfstil zeigt eine Deckeltasse mit Silhouetten
auf hellgelbem Grund um 1780. Es handelt
sich um eine „Trembleuse", geschaffen für alte
Leute, damit ihnen die Tasse nicht von der
Untertasse rutscht, wenn ihre Hände zittern.
Zu diesem Zweck ist auf der Untertasse ein
kleines Gitter angebracht, in dem die Tasse
ruht. Wir finden Trembleusen im ganzen 18.
Jahrhundert. Gegen Ende dieser Zeit ver-
schwinden sie. — Sehr amüsant ist es, die Än-
derungen der Form zu beobachten. Eine ausge-
sprochene Unsicherheit herrscht gerade so um

XIII. Januar 1930. 8«
 
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