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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 65.1929-1930

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Kuhn, Alfred: Ausstellung: Die schöne Tasse
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https://doi.org/10.11588/diglit.9252#0297

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Ausstellung: Die schöne Tasse

JOH. ERNST GOTZKOWSKY

1780. Der klassizistische Stil hat sich im Bürger-
tum schon durchgesetzt, Friedrich der Große
jedoch, der allmächtige Herr und Hauptauftrag-
geber der Manufaktur, hält noch am Rokoko
fest. So finden wir nebeneinander geschweifte
bauchige Formen, aber auch schon strenge zylin-
derische. Für die letzteren ist charakteristisch
die Deckeltasse mit Goldmosaik auf königs-
blauem Grund undFedervieh in farbigerMalerei.
Wir bilden hier nur die Tasse selbst ab. Zu
ihr gehört jedoch noch eine Untertasse, eben-
falls Goldmosaik mit ausgespartem weißem
Grunde, darauf Federvieh.

Zwanzig Jahre später hat sich der strenge
Stil durchgesetzt. Ihn zeigt die wundervolle
konische Tasse mit Campanerhenkel. Es ist
keine richtige sogenannte „Campanertasse";
denn diese hat eine gebauchte Wandung. Nur
der Henkel ist campanisch: nämlich aus dem
ganzen Becherrande herausgezogen. Das vor-
liegende Stück hat grünen Fond, darauf in gra-
viertem Gold eine Darstellung der Welterschaf-
fung. Technisch hat man sich den Vorgang so vor-
zustellen: auf den Fond ist Gold aufgelegt, aus
dem in einer Art von Kaltnadeltechnik mit einem
Achatstift die Darstellung herausradiert ist. . .

»TASSE« 17111 — 1703

Um 1803 ist die zylinderische Tasse mit
farbigen Vögeln auf hellgelbem Grunde ent-
standen. Zu ihr gehört eine Schale mit rot-
braunen marmorierten Streifen und Goldringen.
Charakteristisch ist die Überspinnung der Fläche
mit Naturabbildern. Wir sahen, wie mit der
zylinderischen Form die Buchstaben und die
Silhouettenmedaillons auftraten, dann Ende des
18. Jahrhunderts farbige Minialuren und Bild-
chen mit symbolischen Darstellungen.

Das Empire bringt sowohl strenge Relief-
medaillons, ausgesprochen klassizistischer Art,
als auch zarte fast naturalistische Schilderungen,
ganz genau wie wir dies in der zeitgenössischen
Malerei beobachten können.

Ein ausgezeichnetes Beispiel einer Relief tasse
ist die Hochzeitstasse zur Vermählung vom
Großfürsten Nikolaus von Rußland mit der
Prinzessin Charlotte von Preußen 1817. Sie
hat einen eingezogenen Borten- und Schlangen-
henkel, der am Becherrand eine Maske trägt.
Goldornamente auf maisfarbigem Grund, die
Kante aus graviertem Gold mit Weinblättern.
Der Einfluß von Wedgewood ist offensichtlich.

Die Ausstellung schließt ab mit zwei modernen
Tassen, die jedoch bedauerlicher Weise gegen

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