Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten (65.1929-1930)

Vom Pathos in der Kunst

seiner apathetischen Natur seinem Zugriffe ent-
zieht, erst entsprechend aufbauschen muß, um
es seinen Darstellungsmitteln gefügig zu machen.
Dadurch sind jene modernen Probleme, die Pro-
bleme nach dem Pathos frei geworden, die sich
erst zeigen, wenn das Pathos hinweggeräumt ist.
Diese Erkenntnis ist es, die wie für die künst-
lerische Darstellung überhaupt, so insbesondere
für die Menschendarstellung von geradezu
unschätzbarem Werte geworden ist. Durch sie
erst werden wir in den Stand gesetzt, zum wahren
inneren Kern des Menschen vorzudringen und
z. B. große Männer erst wirklich menschlich zu
verstehen, während wir bisher verurteilt waren,
diePose ihres Üb ermenschentums anzustaunen.
— Daß die Darstellungsmittel der Kunst diesen

durchaus veränderten Voraussetzungen sich an-
zupassen bestrebt sind, ist nur recht und billig.
Und man kann sich wahrlich nicht darüber
wundern, daß diese emphatische Kunstübung
einer kühleren, scharfsichtigeren Art das Feld
geräumt hat. Daß die Jugend im Eifer sofort
nun wieder nach der anderen Richtung übers
Ziel schoß und es dabei sogar bis zu gefühls-
trockenen Destillaten gebracht hat, wird ihnen
niemand ankreiden, der schon jemals den Lauf
der Kunst und ihre Phasen aufmerksamer be-
obachtet hat. Wichtig ist lediglich, daß der
leitende Grundgedanke in seiner Natürlichkeit
und Gesundheit derart stark ist, daß er sich allen
Übertreibungen und Entstellungen zum Trotze
früher oder später doch durchsetzen wird. dr. h.h.

358

> R AUCHUTENSILIEN « EN TW: GOLDSCHMIED RIEGER

ausf: württ. metallwarenfabrik—geislingen