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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 65.1929-1930

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Hausenstein, Wilhelm: Ein Vergessener
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https://doi.org/10.11588/diglit.9252#0375

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EIN VERGESSENER

Er hieß Emanuel Spitzer, war 1844 zu
Papa in Ungarn geboren und starb 1919
zu Traunstein in Oberbayern, nachdem er den
größtenTeil seines Lebens in und bei München
hingebracht hatte.

Es ist wohl etwa ein Jahrzehnt her, seitdem
Pixis im Münchner Kunstverein auf Spitzer mit
einer Ausstellung hinwies. Der Hinweis hatte
einen Augenblicks-Erfolg; der Sammler Nemes
interessierte sich lebhaft für den ungarischen
Landsmann, der ihm unbekannt geblieben war,
und heute zieren Stücke Spitzers das Schloß
des Herrn von Nemes am Starnberger See.

Spitzer hat in Paris und in München
studiert. 1871 hat er sich in München fest-
gesetzt. Spitzer hat für die Fliegenden Blätter
gezeichnet; es war die Zeit, wo zumal Ober-
länders Mitarbeit die Fliegenden klassisch
machte. Spitzer hat Genrebilder gemalt; er
hat die Anekdote gepflegt. Er ist aber auch
ein Maler im feineren Sinne gewesen, und der
inoffizielle Teil seines Werks enthält ohne

Zweifel das Edelste dieser künstlerischen Natur.
Um dies Edle, dies Sublime zu bezeichnen, wird
man an die besten Seiten Uhdes denken
mögen, des Impressionisten, und vielleicht ein
wenig auch an Renoir; nur daß Spitzers dich-
terischer Impressionismus nervöser ist als die
geistig - sinnliche Frauen-Vegetation, die von
Renoir gemalt wurde. . . .

Spitzer war einer der Münchner, die das
Malerische gewollt und gepflegt haben;
unter diesen Münchnern hat Spitzer dem Male-
rischen einen besonders geistigen Akzent
gegeben. Seine Bilder sind manchmal nur wie
geatmet, nicht wie materialisiert. Sie sind leicht
und graziös wie farbige Spinnweben.

Daß Spitzer mit diesem feinsten Teil seines
Werkes bis zu seinem Ende wenig Erfolg hatte,
ist ein typisches Geschick. Er teilte es mit
vielen — zum Beispiel mit Lindenschmit oder
Faber du Faur, deren starkes malerisches Na-
turell auch erst nach dem Tode im inoffiziellen
Werkteil begriffen worden ist. dr. w. hausenstein.
 
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