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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 65.1929-1930

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Rochowanski, Leopold W.: Wiener Ausstellungsgebäude von Josef Hoffmann
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https://doi.org/10.11588/diglit.9252#0417

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PROF. DR. JOS HOFFWANN—WIEN »GRUNDRISS DES AUSSTELLUNG.SGEBÄUDES

WIENER AUSSTELLUNGSGEBÄUDE VON JOSEF HOFFMANN

Die Forderungen von Schöpfern werden
immer gerecht sein, ihre Wünsche ent-
springen in erster Linie dem Bedürfnis, Be-
glückendes zu verbreiten, an alle zu verschenken
und damit in einen höheren Zustand hinüber-
zuführen. Das Primäre ist immer das Bedürfnis
nach irgendeinem Schönheitszustand, nach einer
Vermehrung ideeller Güter, einem neuen Plus
an unirdischem Reichtum. Wird eine solche
Forderung nachträglich nach den praktischen
Grundlagen untersucht, stellt sich immer die
Richtigkeit heraus, es lassen sich zur Beruhigung
der Alltagsköpfe viele wichtige Gründe an-
führen. Das, was in solchen Fällen nachträg-
lich als ausschlaggebend zusammengetragen
werden kann und muß, entweder um die öffent-
liche Meinung oder die nötige Stimmenanzahl
für Beschlußfassungen zu erreichen, ist dem
Künstler schon im Augenblick des Einfalls
blitzartig vor Augen, alle Möglichkeiten, für
heute, für morgen und übermorgen, sind ihm in
den verschiedensten Formungen sofort deutlich.
Er sieht sie vor sich, es ist ein sicherer Zustand
des Verwachsenseins mit verborgenen Erinner-
ungen und Verwandtschaften, zugleich ein Hin-
überschauen über die Mauer eines kargen Tages.

Wenn die Wünsche bedeutender schöpferischer
Persönlichkeiten unberücksichtigt bleiben, ent-
springt das Hindernis immer der Kurzsichtigkeit
der Führer oder den Intriguen von Neidern,
in denen die eigene Ideenarmut und Besitzer-
angst durch andere, noch kümmerlichere Eigen-
schaften ersetzt werden müssen.

Das Schaffen Josef Hoffmanns hat seinen Ur-
sprung in dem Wunsch Schönheit zu verbreiten,
überall die Reste aus schlechter Zeit wegzu-
räumen, die heute lebendigen Kräfte zusammen-
zuschließen und ihnen ein Wirkungsfeld zu ver-
mitteln, überallhin gute Beispiele zu setzen.
Entscheidend für den Grad der Kultivierung und
die Möglichkeit weiterer Erhöhung ist stets die
Umgebung, heißt sie nun Wohnung oder Straße.

Eines der letzten großen Projekte Josef Hoff-
manns gilt der Beseitigung des unangenehmsten
Mangels, der der berühmten Kunststadt Wien
anhaftet. Seit vielen Jahren fehlt es an schönen
Räumen, um große vielseitige Ausstellungen zu
veranstalten, nicht bloß, um die Leistungen
vieler versteckter Schaffender aus dem ganzen
Lande Österreich zu zeigen, sondern auch um
Künstler des Auslandes einzuladen, um fort
und fort belebende frische Wellen in das

XXXIII. März 1930. 0*
 
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