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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 65.1929-1930

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Sch.: Für und Wider der Wohnsachlichkeit
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https://doi.org/10.11588/diglit.9252#0436

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Für und Wider der Wohnsachlichkeit

F

M. GOLDSCHEIDER. »FAYENCEVASE ALS TISCHLAMPE«

ersten Blick, daß sie vor der Ab- und Um-
schweifigkeit, dem Versonnen- und Verspon-
nensein ins Detail und an die Nebensache be-
wahren. Aber im ganzen sehe ich eher Woh-
nungsnorm, als Wohnform ; das heißt, ich kann
mir denken, daß der sportgeübte, technikbe-
geisterte , wissenschaftbewanderte, abstrakt-
ästhetische Zeitgenosse X, dieser bekannte fik-
tive Charakter, so wohnt oder wohnen sollte,
aber der ganze Mensch, der Träger aller welt-
bewegten Kräfte, das wahre Zeitkind, scheint
mir hie und da wesentlich zu kurz zu kommen.

„Durchaus zur Sache gesprochen", entgeg-
nete ich, „aber vergessen Sie die Situation, die
Relativität, die Umstände nicht. Um überhaupt
einmal auf die Grundforderung des Wohn-
wesens zu kommen, ist es notwendig geworden,
Begriffe, wie das Heim im alten Sinn, wie Raum-
seele , wie Wohnstimmung für eine Weile den.

Romantikern zu überlassen. Ich sehe gerade
in der Enthaltsamkeit von diesen Einstellungen,
die immer zum Verschwommenen, zur Über-
ladenheit, zur Pedanterie, zur Spielerei, zum
Krampf verführt haben, das eigentlich Gesunde
der Bewegung. Skelettmöbel sind Errungen-
schaften nach jenen Auswüchsen und Untüm-
lichkeiten, an denen schon nichts mehr von
Gerüst und guter Rippe war. Normen sind
besser als Unformen und Formlosigkeiten.
Das allzuvernünftig Mechanische, die herzlose

PROF. OTTO PRUTSCHER—WIEN. »SILBERNE ZIERVASE«
 
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