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Kellmann, Thomas
Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland: Baudenkmale in Niedersachsen (Band 7,3): Stadt Einbeck — Petersberg: Michael Imhof Verlag, 2017

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https://doi.org/10.11588/diglit.65609#0091
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Der Leineturm 1717, Ausschnitt einer Grenzkarte
zwischen den Ämtern Greene und Salzderhelden,
NLA wo 26 alt 1194


der Hube-Turm nach Feise (1940) als Warte auf der
Hube („speculum uf der hufe“) im Jahr 1436. Die
Turmfundamente liegen bis heute Luftlinie rund
3.200 m nördlich vor dem Ostertor inmitten des
Stadtforstes auf der Hube auf rund 313,0 m
ü.N.N. Bis in das späte 19. Jahrhundert schloss
der Stadtforst nach Osten an. Die einstige Funk-
tion als Spähwarte mit einer weiten Aussicht nach
Norden auf die Kreuzung der beiden Fernstraßen
Alfeld-Einbeck und Gandersheim-Hameln lässt
sich heute nicht mehr nachvollziehen (vgl. auch
Hubechaussee). Die Forstkarte von 1721 zeigt
den Turm schon im Stadium des Zerfalls als immer
noch imposante Ruine. Den besten Überblick
über die Situation am Hube Turm vermittelt die
Grenzkarte von 1792. Dort sind die neue und die
alte Hubechaussee sowie das neue und das alte
Hubehaus gemeinsam mit den zugehörigen Gär-
ten und Wiesen verzeichnet. Für das „Wirtshaus“
und das „Wegehaus“ wurden zwei eigenständige
Gebäude errichtet. Der runde Landwehrturm wur-
de freistehend inmitten einer Ringmauer mit drei
weiteren Baulichkeiten dargestellt (Wohnhaus,
Stallscheune und Backhaus). Harland (1868) und
Mithoff (1873) konnten noch die aufgehenden
Reste des mit Graben und Mauer befestigten
Landwehr- und Wartturmes nachvollziehen. Der
Turm wurde vom Landeskonservator der Provinz
Hannover bereits 1907 als Baudenkmal behan-
delt, als die Konservierung der aufgehenden Mau-
erreste bis 1909 durchgeführt wurde: „der Turm
selbst ist nicht mehr vorhanden, wohl aber ein Teil
der Mauer, welche den Turm umschloß. Von der
Mauer mögen etwa noch 20 Meter in einer Höhe
von 1 % m vorhanden sein“ (Auszug Schreiben
vom 04.07.1907, Schriftarchiv NLD/Hannover).
Heute sind in dem Gelände wenig mehr als die
Grundmauern und Fundamente erhalten.
Über die Instandhaltungsmaßnahmen am Wart-
haus im 18. Jahrhundert informieren die Kämme-
rei-Rechnungen: 1713/14 erhielt das zweige-
schossige Haus am Hubeturm einen das kom-
plette Fachwerk überziehenden Kalkaußenputz.
1753/54 erfolgte die Neueindeckung des Back-
hauses am Hubeturm mit Dachsteinen. 1791/92


Der Leine-Turm 1771, Ausschnitt einer Grenzkarte von Lasius vor Verlegung des Warthauses, NLA ha 22c
volksen 1 pm

wurde schließlich nach Verlegung und Ausbau des
Hubeweges als Chaussee (siehe Hubechaussee)
ein Neubau in Angriff genommen. Von den beiden
Alternativentwürfen wurde der „Entwurff zu Erbau-
ung eines sogenanten Hube Thurms, welcher 52
fuß breit 40 fuß tief und 2 Etagen hoch“ von Mau-
rermeister „G. Schuster“ vom „21 ten Decb. 1791 “
(Akte I G B IX 9, StAE) umgesetzt. Anfang 1792
wurden die Kalkgruben und der Keller ausgeho-
ben, 51 Eichen und 32 Tannen aus dem städti-
schen Forst als Bauholz geschlagen, angefahren
und vor Ort an der Baustelle zugeschnitten. Im
April 1792 konnte schließlich mit dem Neubau
begonnen werden. Der benötigte Gips wurde aus
dem Braunschweiger Dorf Ammensen bezogen,
die Dachsteine vom abgebrochenen Neustädter
Brauhaus in der Stadt. Zum Bau des Gewölbe-
kellers musste ein Leergerüst errichtet werden.
1793/94 wurden sechs Fuder Legesteine aus Sie-
vershausen und drei eiserne Öfen von der Carls-
hütte angefahren. Der Neubau war nach zweijäh-
riger Bauzeit im Frühjahr 1794 fertiggestellt. Weni-
ge Jahre später wurde der Altbau wegen drohen-
der Einsturzgefahr abgebrochen, bevor am 26.
November 1799 der Neubau des Gasthauses auf
der Hube an den letzten Pächter, Johann Hein-
rich Berkenbusch, für 4.375 Taler nach Erbzins-
recht verkauft wurde. Von den alten Baulichkeiten
blieb allein die Scheune erhalten. Erhaltungsver-
pflichtungen für den Turm wurden nicht mit auf-
genommen. Vermutlich wurde der Turm bereits
beim Neubau der Fundamente 1792 als Stein-
bruch verwendet.
Der 1434 erbaute Leine-Turm stand unweit der
einstigen Leinebrücke im nördlichsten Zipfel der
Volksener Dorfgemarkung ca. 1.400 m nördlich

des Dorfes unterhalb der heutigen Landesstraße
487. Der Weg über die Leine führte ursprünglich in
direkter Linie nach Gandersheim ohne den Umweg
über Greene. Da sich der Turm im Überschwem-
mungsbereich der Leine befand, wurde im 19.
Jahrhundert der gleichnamige Wohnplatz oberhalb
der Straße in der Negenborner Gemarkung am
östlichen Endpunkt der Einbecker Landwehr ein-
gerichtet. Letzner (1596) verwendet den noch im
18. Jahrhundert üblichen Ortsnamen an der „neu-
en bruck auff der Leine“. Bereits aus dem Corpus
Bonorum der Stadt Einbeck von 1708 und aus
einem Lageplan von 1717 geht hervor, dass die
Brücke durch eine Personenfähre ersetzt war.
Herbst (1926) und Pretzsch (1994) nehmen an,
dass bereits zur Bauzeit des Turmes eine im 16.
Jahrhundert erneuerte Brücke bestanden hat.
Noch 1746 auf der Flurkarte von Koven ist der
Weg, nicht aber die Brücke verzeichnet. Als
Gegenleistung für die freie Überlassung des Wart-
hauses mit Garten und Wiese musste der Wart-
mann als Forst- und Flurwächter Dienste leisten.
Für 1726/27 ist letztmalig der Neubau eines Wohn-
hauses am Leine-Turm, „die neue Brücke ge-
nannt“, in den Kämmereirechnungen verzeichnet.
In der Bausumme von 234 Talern schlugen das
Verzimmern, also das Abbund der Fachwerkkons-
truktion, mit 38 Talern, das Aufrichten mit 4 Talern,
das Bauholz mit 47 Talern und die Dachsteinein-
deckung mit 10 Talern zu Buche. 1773/74 wurde
das Haus (genannt „Neue Brücke“) mit Ziegeln
instand gesetzt, bevor es 1777 gänzlich aufgege-
ben wurde, als die Hausstelle vom Leine-Turm in
das hochwasserfreie Gelände an den Weg nach
Greene verlegt wurde. Der Neubau, auf den die
Bezeichnung „Neue Brücke“ übertragen wurde,
erhielt 1777/78 ein neues Kellergewölbe und neue

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