II. Renovatio im europäischen Vergleich
210 Beispiele: Landsberg/ Lech°, Steingaden",
Gutenzell, Ochsenhausen0, Oberelchin-
gen°, Würzburger0 und Freisinger” Dom.
211 Beispiele: Brixen (Dom), Langhaus von
Bergen bei Neuburg, Kenzingen0, Mal-
lersdorf0, Mühldorf am Inn’, Prien, Rai-
tenhaslach, Rinchnach, Schongau.
212 Buschow-Oechslin 1987, S. 154-167. Ei-
ne dreischiffige Basilika wurde hier in ei-
ne Saalkirche verwandelt, „so daß man
auch allgemein von einem Neubau
sprach." (S. 162).
213 Buschow-Oechslin 1987, S. 214-229, hier
S. 229.
die Baustatik haben, können sie zu den im
Rahmen der „Italienischen“ Renovatio üb-
lichen rein dekorativen Veränderungen der
Raumschale gerechnet werden.
Die Scheidelinie zwischen „Quasi-Neubau“
und „Italienischer“ Renovatio bezeichnet
eine in Süddeutschland regelmäßig anzu-
treffende Maßnahme: die Einziehung neu-
er Gewölbe. Dieser Umbau erfolgte im Re-
gelfälle nur dann, wenn die Kirche vorher
ungewölbt war, also wie in vielen süddeut-
schen romanischen Basiliken zunächst ei-
ne hölzerne Flachdecke über dem Mittel-
schiff besaß. Da der entscheidende Anreiz
für die nachträgliche Wölbung im Spätba-
rock darin liegt, auf der so entstandenen
sphärischen Raumgrenze Fresken anbrin-
gen zu können, kann die Maßnahme noch
zum üblichen Umfang einer „Italienischen“
Renovatio gerechnet werden, wenn sie die
Wände und Konstruktion der vorhandenen
Kirche ansonsten unberührt läßt210. Anders
verhält es sich in jenen Fällen, in denen das
neue Gewölbe als konsequente Fortsetzung
einer tiefgreifende Veränderung der Bin-
nengliederung des Raumes, also beispiels-
weise durch Entfernung der früheren
Schiffsteilungen und Stützen, entsteht211.
Hierbei erhält der Raum nicht nur einen
veränderten oberen Abschluß, sondern ei-
ne völlig neue Gesamtform, so daß die
Grenze zum Quasi-Neubau überschritten
wird. Auch für diese Form der Renovatio
gibt es römische Vorbilder wie den Umbau
von S. Anastasia unter Innozenz XIII. nach
1721 durch Carlo Gimach212 oder S. Croce
in Gerusalemme unter Benedikt XIV. nach
1741. Das zeitgenössische Urteil über die
letztgenannte Baumaßnahme dürfte cha-
rakteristisch für die meisten „Italienischen“
Renovationes sein: „Die Maßnahmen wur-
den von Seiten der Öffentlichkeit mit viel
Lob bedacht. Insbesondere angesichts des
Heiligen Jahres war es wichtig, daß sich die
Bedeutung des Katholizismus in der Pracht
seiner Sakralbauten widerspiegelte. Auf der
anderen Seite stieß aber auch diese Re-
staurierung auf Kritik: Es waren wieder
einmal die Archäologen und Kirchenhisto-
riker, die den Verlust kirchengeschichtlich
bedeutender Monumente und die veränder-
te Wirkung der Basilika beklagten. “213
90
210 Beispiele: Landsberg/ Lech°, Steingaden",
Gutenzell, Ochsenhausen0, Oberelchin-
gen°, Würzburger0 und Freisinger” Dom.
211 Beispiele: Brixen (Dom), Langhaus von
Bergen bei Neuburg, Kenzingen0, Mal-
lersdorf0, Mühldorf am Inn’, Prien, Rai-
tenhaslach, Rinchnach, Schongau.
212 Buschow-Oechslin 1987, S. 154-167. Ei-
ne dreischiffige Basilika wurde hier in ei-
ne Saalkirche verwandelt, „so daß man
auch allgemein von einem Neubau
sprach." (S. 162).
213 Buschow-Oechslin 1987, S. 214-229, hier
S. 229.
die Baustatik haben, können sie zu den im
Rahmen der „Italienischen“ Renovatio üb-
lichen rein dekorativen Veränderungen der
Raumschale gerechnet werden.
Die Scheidelinie zwischen „Quasi-Neubau“
und „Italienischer“ Renovatio bezeichnet
eine in Süddeutschland regelmäßig anzu-
treffende Maßnahme: die Einziehung neu-
er Gewölbe. Dieser Umbau erfolgte im Re-
gelfälle nur dann, wenn die Kirche vorher
ungewölbt war, also wie in vielen süddeut-
schen romanischen Basiliken zunächst ei-
ne hölzerne Flachdecke über dem Mittel-
schiff besaß. Da der entscheidende Anreiz
für die nachträgliche Wölbung im Spätba-
rock darin liegt, auf der so entstandenen
sphärischen Raumgrenze Fresken anbrin-
gen zu können, kann die Maßnahme noch
zum üblichen Umfang einer „Italienischen“
Renovatio gerechnet werden, wenn sie die
Wände und Konstruktion der vorhandenen
Kirche ansonsten unberührt läßt210. Anders
verhält es sich in jenen Fällen, in denen das
neue Gewölbe als konsequente Fortsetzung
einer tiefgreifende Veränderung der Bin-
nengliederung des Raumes, also beispiels-
weise durch Entfernung der früheren
Schiffsteilungen und Stützen, entsteht211.
Hierbei erhält der Raum nicht nur einen
veränderten oberen Abschluß, sondern ei-
ne völlig neue Gesamtform, so daß die
Grenze zum Quasi-Neubau überschritten
wird. Auch für diese Form der Renovatio
gibt es römische Vorbilder wie den Umbau
von S. Anastasia unter Innozenz XIII. nach
1721 durch Carlo Gimach212 oder S. Croce
in Gerusalemme unter Benedikt XIV. nach
1741. Das zeitgenössische Urteil über die
letztgenannte Baumaßnahme dürfte cha-
rakteristisch für die meisten „Italienischen“
Renovationes sein: „Die Maßnahmen wur-
den von Seiten der Öffentlichkeit mit viel
Lob bedacht. Insbesondere angesichts des
Heiligen Jahres war es wichtig, daß sich die
Bedeutung des Katholizismus in der Pracht
seiner Sakralbauten widerspiegelte. Auf der
anderen Seite stieß aber auch diese Re-
staurierung auf Kritik: Es waren wieder
einmal die Archäologen und Kirchenhisto-
riker, die den Verlust kirchengeschichtlich
bedeutender Monumente und die veränder-
te Wirkung der Basilika beklagten. “213
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