ffiRE^IOVATIONES SUDDEUTSCHER
• DOMKIRCHEN
STRUKTURANALYSE EINER DENKMÄLERGRUPPE
A. EINLEITUNG - WAS IST EINE DOMKIRCHE?
„Die bischöflichen Kathedralkirchen sind
dagegen im Barock am schwächsten vertre-
ten. Der Dom zu Salzburg, begonnen schon
in der Renaissance, ist der einzige Neubau
dieser Gattung; sonst begnügte man sich,
durch Umbau einzelner Teile, noch häufi-
ger durch bloße Neudekorierung dem neu-
katholischen Geschmacke genüge zu tun
(Passau, Freising, Würzburg, Hildesheim).
Wenn mehrere Bischöfe zu den größten
Bauherren des Barock gehörten, so erwar-
ben sie sich diesen Ruhm auf profanem Ge-
biete, durch Ausschmückung ihrer Resi-
denzen, durch Anlage prachtvoller Schlös-
ser und Lustorte. Anders die geistlichen
Orden.
In diesem Abschnitt sollen ausgewählte
Domkirchen Süddeutschlands miteinander
verglichen werden. Domkirchen sind die
Kathedralkirchen eines Bistums, also nach
kirchenrechtlicher Rangfolge die jeweils
vornehmsten und repräsentativsten Gottes-
häuser einer Diözese. Entsprechend der
Zahl der Bistümer2 ist diese Bautengruppe
überschaubar, sie eignet sich daher besser
für einen überregionalen Vergleich als Klo-
ster- oder Pfarrkirchen. Bei diesen beiden
Gruppen müßte für einen Querschnitt eine
im Verhältnis zur Gesamtzahl so kleine
Teilmenge betrachtet werden, daß deren re-
präsentativer Charakter bereits durch die
Vorauswahl stark beeinträchtigt wäre.
Außerdem besitzen alle Domkirchen ver-
gleichbare Voraussetzungen bezüglich der
Struktur ihrer Bauherrenschaft, nämlich
dem Zusammenwirken von Bischof und
Domkapitel. Sie verfügen über finanzielle
und kirchenrechtliche Autonomie und sind
somit in ihren Baumaßnahmen nicht von
der Zustimmung übergeordneter Institutio-
nen, etwa eines landesherrlichen „Geist-
lichen Rates“, eines weltlichen Patrons,
Stadtrates oder eines Mutterklosters ab-
hängig. Für die Gestaltung von Kathedra-
len gelten keine einengenden Vorgaben wie
Ordensregeln oder die Genehmigung einer
zentralen Organisation wie etwa bei den Je-
suiten.
1. Die politische Struktur der
Fürstbistümer
Die süddeutschen Diözesen nehmen als
Fürstbistümer3 eine Doppelfunktion ein: Sie
sind kirchliche Verwaltungseinheiten und
zugleich Fürstentümer, also Territorialstaa-
ten innerhalb des Reiches. Besonders deut-
lich wird der Unterschied zwischen geistli-
chem und weltlichem Anspruch beim
Würzburger Fürstbischof, der als Territori-
alherr den Titel eines Herzogs von Unter-
franken führt4. In den meisten Fällen ist die
Benennung von Bischofsstadt, Territorium
und Diözese aber gleich, so daß man zwi-
schen dem eigentlichen politischen Herr-
schaftsbereich, dem sogenannten Hoch-
bzw. Erzstift, und dem Bistum unterschei-
det, das meist viel größer war und auf das
Territorium fremder Staaten Übergriff5.
Staatspolitisch frei entscheiden konnten die
Bischöfe nur in ihrem Hochstift: Jede Steu-
ererhöhung, jeder Eingriff in fremde Privi-
1 Dehio 1926, S. 292.
2 Von den 14 süddeutschen der insgesamt 26
Hoch- und Erzstifte des Reiches wird die
Hälfte in den Vergleich miteinbezogen. An-
zahl nach Braunfels 1980 II, S. 208.
3 Zu geistlichen Fürstentümern im allgemei-
nen siehe als Einführung Götz 1992, S. 18f
mit Lit., Braunfels 1980 II, S. 7-22,
193-198.
4 Siehe Antz 1997, S. 21. Als Zeichen der
Doppelgewalt führten die Bischöfe Krumm-
stab und Schwert.
5 Vergl. die Karte des Hochstiftes und Bistums
Freising und seine Lage in Kurbayern in
Götz 1992, S. 24f. Das Hochstift hatte nur
11.000 Untertanen, die Diözese umfaßte
270.000 Gläubige. Braunfels 1980 II, S. 14
zeigt eine Karte der Hoch- und Erzstifte in
Deutschland, S. 9 die Diözesanverbände.
215
• DOMKIRCHEN
STRUKTURANALYSE EINER DENKMÄLERGRUPPE
A. EINLEITUNG - WAS IST EINE DOMKIRCHE?
„Die bischöflichen Kathedralkirchen sind
dagegen im Barock am schwächsten vertre-
ten. Der Dom zu Salzburg, begonnen schon
in der Renaissance, ist der einzige Neubau
dieser Gattung; sonst begnügte man sich,
durch Umbau einzelner Teile, noch häufi-
ger durch bloße Neudekorierung dem neu-
katholischen Geschmacke genüge zu tun
(Passau, Freising, Würzburg, Hildesheim).
Wenn mehrere Bischöfe zu den größten
Bauherren des Barock gehörten, so erwar-
ben sie sich diesen Ruhm auf profanem Ge-
biete, durch Ausschmückung ihrer Resi-
denzen, durch Anlage prachtvoller Schlös-
ser und Lustorte. Anders die geistlichen
Orden.
In diesem Abschnitt sollen ausgewählte
Domkirchen Süddeutschlands miteinander
verglichen werden. Domkirchen sind die
Kathedralkirchen eines Bistums, also nach
kirchenrechtlicher Rangfolge die jeweils
vornehmsten und repräsentativsten Gottes-
häuser einer Diözese. Entsprechend der
Zahl der Bistümer2 ist diese Bautengruppe
überschaubar, sie eignet sich daher besser
für einen überregionalen Vergleich als Klo-
ster- oder Pfarrkirchen. Bei diesen beiden
Gruppen müßte für einen Querschnitt eine
im Verhältnis zur Gesamtzahl so kleine
Teilmenge betrachtet werden, daß deren re-
präsentativer Charakter bereits durch die
Vorauswahl stark beeinträchtigt wäre.
Außerdem besitzen alle Domkirchen ver-
gleichbare Voraussetzungen bezüglich der
Struktur ihrer Bauherrenschaft, nämlich
dem Zusammenwirken von Bischof und
Domkapitel. Sie verfügen über finanzielle
und kirchenrechtliche Autonomie und sind
somit in ihren Baumaßnahmen nicht von
der Zustimmung übergeordneter Institutio-
nen, etwa eines landesherrlichen „Geist-
lichen Rates“, eines weltlichen Patrons,
Stadtrates oder eines Mutterklosters ab-
hängig. Für die Gestaltung von Kathedra-
len gelten keine einengenden Vorgaben wie
Ordensregeln oder die Genehmigung einer
zentralen Organisation wie etwa bei den Je-
suiten.
1. Die politische Struktur der
Fürstbistümer
Die süddeutschen Diözesen nehmen als
Fürstbistümer3 eine Doppelfunktion ein: Sie
sind kirchliche Verwaltungseinheiten und
zugleich Fürstentümer, also Territorialstaa-
ten innerhalb des Reiches. Besonders deut-
lich wird der Unterschied zwischen geistli-
chem und weltlichem Anspruch beim
Würzburger Fürstbischof, der als Territori-
alherr den Titel eines Herzogs von Unter-
franken führt4. In den meisten Fällen ist die
Benennung von Bischofsstadt, Territorium
und Diözese aber gleich, so daß man zwi-
schen dem eigentlichen politischen Herr-
schaftsbereich, dem sogenannten Hoch-
bzw. Erzstift, und dem Bistum unterschei-
det, das meist viel größer war und auf das
Territorium fremder Staaten Übergriff5.
Staatspolitisch frei entscheiden konnten die
Bischöfe nur in ihrem Hochstift: Jede Steu-
ererhöhung, jeder Eingriff in fremde Privi-
1 Dehio 1926, S. 292.
2 Von den 14 süddeutschen der insgesamt 26
Hoch- und Erzstifte des Reiches wird die
Hälfte in den Vergleich miteinbezogen. An-
zahl nach Braunfels 1980 II, S. 208.
3 Zu geistlichen Fürstentümern im allgemei-
nen siehe als Einführung Götz 1992, S. 18f
mit Lit., Braunfels 1980 II, S. 7-22,
193-198.
4 Siehe Antz 1997, S. 21. Als Zeichen der
Doppelgewalt führten die Bischöfe Krumm-
stab und Schwert.
5 Vergl. die Karte des Hochstiftes und Bistums
Freising und seine Lage in Kurbayern in
Götz 1992, S. 24f. Das Hochstift hatte nur
11.000 Untertanen, die Diözese umfaßte
270.000 Gläubige. Braunfels 1980 II, S. 14
zeigt eine Karte der Hoch- und Erzstifte in
Deutschland, S. 9 die Diözesanverbände.
215