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106

„Ihr habt vor Jahren einem Venediger in der Kothalpe das
Leben gerettet, Ihr sollt nun belohnt werden; daher begehrt,
Ihr sollt Alles haben, was Ihr wollt," — „Laß das gut sein,
lieber Herr !" antwortete der Soldat, „ich that nur meine Pflicht;
dafür wird der Himmel sorgen, ob ich Lohn verdiene oder nicht,"
Diese Antwort schien den Venediger sehr zu erfreuen, er
nahm den Jüngling bei der Hand und spracht „Das zeigt mir,
daß Du eiu echter Tiroler bist." Er ging nun in ein Neben-
zimmer und kam bald darauf ganz so wieder heraus, wie er
als „Venediger-Manndl" in der Kothalpe anssah, DerSoldat
! erkannte ihn nun und hatte große Freude und wurde zutraulich.
Nun wiederholte der Venediger abermals das Anerbieten
von Geld und Reichthum, aber der Soldat lehnte es wieder
ab, und sagte: „Gesundheit und Zufriedenheit ist mein Reich-
thum und diesen wird mir der liebe Herrgott bescheeren, so lange
er es für gut findet. Einen Wunsch aber hätte ich wohl und
dieser wäre, daß ich vom Militär ohne zu desertiren, nach Jsar-
winkl fahren könnte, wo ich mein Schatzerl habe, ein Mädl
wie Milch und Blut,"

Der Venediger hatte diesen Wunsch kaum gehört, als er
! sogleich ein großes weißes Tuch herbrachtc, in welches ein
Mantel' eingehüllt ivar.

Er nahm den Mantel heraus und legte ihn dem Soldaten
! über den Rücken, und schlug das weiße Tuch auch noch darüber.
Auf einmal fühlte der Soldat sich in die Luft gehoben. Grüß'
mir Deinen Schatz!" hörte er nur noch den Venediger Nach-
rufen, denn pfeilschnell flog er aus dem hohen Fensterbogen
— wie sie in Venedig gebräuchlich sind — fort, das weiße
! Tuch breitete sich wie eine weiche Wolke ans, trug ihn sanft,
und ließ ihn bei dem Hanse seines Mädchens nieder. In der
Manteltasche fand sich ein reicher Brautschatz,

Das Glück verließ den Burschen nimmer. Er wurde bald
ein glücklicher Gatte, kaufte sich vom Soldatenstande los, und
hat sein Abenteuer oft genug erzählt,

II. Hitte Hatte,

Oestlich von dein Ungarkopf ober Strad und hoch über
dem Grottengeivölbe, das man „Eggerskeller" heißt, liegt in
der Nähe einer großen schauerlichen Felsklnft ein Platz, „die
Kohlhüttc" genannt, der von steilen grauen Bergwänden um-
geben ist. Dort hauste vor Zeiten ein „wilder Mann"
einsam mit seiner Fangga,

Jordan, so hieß der Wilde, hatte sich ein rohes Bloch- ’
Haus gebaut, und machte sich's, nächstdem daß er Kinder und
Vieh raubte und anffraß, zum angelegentlichsten Geschäfte,
hinter den Seligen her zu sein, sie zu fangen, zu tobten, oder
in unterirdischen Höhlen eingesperrt zu halten.

So brachte der Riese Jordan einst ein seliges Fräulein,
höchst wahrscheinlich eins aus der Grotte hinter Erga's- oder
i Eggers-Keller, heim, das schon mehr tobt als lebendig war,
und warf es seiner Fangga zu, und wollte ihm den Garaus
machen, aber die Fangga sprach: „Laß leben das Ding, es
kann mir Dienste thun!" „So?" schrie der Riese: „Wo

hatt'st d' sie gern?" — „In der Hütte hatte ich se gern
zum arbeiten!" antwortete das Riesenweib, und der Riese
spottete: „Meintwegen, nimm Dein Hitte Hatte! Zur schwar-
zen Katz' die weiße!" — Das Riesenpaar hielt nämlich auch
zu seiner Gesellschaft eine große schwarze Katze,

Das arme selige Fräulein trug nun das Joch der Dienst-
barkeit bei dem Riesenpaare, wurde nicht anders gerufen, als
Hitte Hatte, mußte Magdkleidcr anziehen und Magdarbcit ver-
richten, that letzteres aber mit gar vielem Geschick und großeni
Fleiße, so daß die Fangg ganz gut und mild gegen die
Dienende war, so weit dieß in ihrer Natur lag. Auch mit
Ver Katze meinte die Selige es gut, fütterte sie pünktlich, ließ
sie in ihrem Bette schlafen, und gewöhnte sie ganz an sich.
Die Selige, die nun völlig die Natur einer irdischen Maid an-
genommen hatte, sehnte sich aber doch bald hinweg aus der
rohen Riesengesellschaft und nahm eines Tages die Gelegen-
heitwahr, als der Riese Jordan ans war und die Fangg schlief,
herunter in das Thal zu steigen, und ihr Glück bei Menschen
zu suchen. Merkwürdigerweise, als ob sie das Vorhaben ihrer
Freundin ahne, folgte ihr die Katze auf jedem Tritt, und so
kam es, daß eines Abends beim Seehausbauer Krapf ohnweit
der Strad im Gurglthale eine schmucke Dirne eintrat, hinter
der eine große schwarze Katze schlich, und ihre Dienste anbot.
Der Seehansbauer und die Seehausbäuerin waren gute und
fromme Leute, nur etwas beschränkt, vermochten sich nicht recht
Bildbeschreibung

Werk/Gegenstand/Objekt

Titel

Titel/Objekt
"Sagen und Mythen aus Tirol"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Grafik

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Aufbewahrung/Standort

Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES

Objektbeschreibung

Maß-/Formatangaben

Auflage/Druckzustand

Werktitel/Werkverzeichnis

Herstellung/Entstehung

Entstehungsort (GND)
München

Auftrag

Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Bauernstube
Magd <Motiv>
Aufbruch
Bäuerin <Motiv>
Karikatur
Bauer <Motiv>
Satirische Zeitschrift

Literaturangabe

Rechte am Objekt

Aufnahmen/Reproduktionen

Künstler/Urheber (GND)
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Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
Public Domain Mark 1.0
Creditline
Fliegende Blätter, 27.1857, Nr. 640, S. 106
 
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