Ein gebrochenes Herz
oder Folgen verschmähter Liebe.
Tragödie in zwei Acten.
Personen:
Herr Schliescrer, angehender Apotheker.
Fräulein Marie, Tochter seines Chefs.
Erster Act.
Schauplatz: Ein einfach mcublirtcs Zimmer.
(Herr Schliescrer geht gedankenvoll auf und ab und preßt ge-
legentlich seine geballte Faust gegen seine glühende Stirn, wo-
bei er sehnsüchtig schmachtende Blicke auf Fräulein Marie wirst,
welche in einer entfernteren Fensternische eben ihres Vaters Bein-
kleider in guten Stand setzt.)
Marie (aufblickcnd): „Aber, Herr Schliescrer, was haben
Sic denn in Gottcsnamcn heute, ist ihnen denn nicht wohl,
Sie haben gewiß wieder Kopfweh, — wie?"
Schliescrer (mit einem tiefen Seufzer): „Kopfweh —
ja wohl Kopfweh, wenn ich den Kopf in meiner Brust anstatt
des Herzeus hätte — o ich Unglücklicher —!"
Marie: „Na — so arg wird's denn doch nicht sein — darf
man denn nicht wissen,was Ihnen so grausame Schmerzen macht?"
Schliescrer (sehr heftig) : „Wie — was, Sie Unmensch-
liche — Sie hätten cs nicht längst schon bemerkt — (stürzt
vor ihr auf die Kniee nieder) nun ja, so wissen Sic cs jetzt
— ich liebe Sic unendlich schon seit einem Jahre — ich kann
— ich will ohne Sic nicht leben — sprechen Sie, machen Sie
mich glücklich oder sprechen Sie mein Todcsurthcil —."
Marie (erblassend und zitternd):.„Himmel — Herr Schlic-
fcrer, was fällt Ihnen denn ein — wissen Sie denn nicht, daß
ich bereits verlobt bin und in zwei Wochen Hochzeit habe?"
Schliescrer (aufspringend): „Ha — (für sich, doch so
daß es Marie hört) ein Quentchen Arsenik wird's thun, —
(laut) so wissen Sic denn in einer halben Stunde ist Josef
Schliescrer nicht mehr — leben Sie wohl — lebe» Sic —
wohl — (stürzt fort).
Marie (eilt ihm bis zur Thüre nach): „Herr Schliescrer
ich bitte Sic um GottcS willen — Sie werden doch nicht—"
Zweiter Act.
Schliescrer allein
wie er eben ei» Quentchen Arsenik zu stch nimmt.
(Der Vorhang fällt.)
Versbaustudie Rr. 1. 47
Mchternatur.
Wie der Widder widerstrebend
Weichen, welken Wurzelwust verschlingt,
Weicht der Weise, versewcbend,
Weit vom Wirthshaus, wo der Wein ihm winkt.
Lieber läuft er, Lerchen lauschend,
Läßt die leisen Liebeslieder lodern;
Liegt am Quell, der lieblich rauschend
Rinnt, wo lange lautlos Leichen modern.
Sammelt seines Sinnens Säfte
Sicht das Saatfeld seines Schaffens sprießen,
Spitzet sorgsam solche Schäfte
So der Spötter Sünden spießen.
Drum wer wollte trotzig trachten
Tollkühn ihm zu trüben diesen Traum,
Thräncntriefend zu betrachten
Treues Treiben gleichwie Schaum?
Wie man sich aus der Schlinge zieht.
„Herr Postmeister, wollen's nich a Mal so gefällig sein
und in die Briefträgerstuben kommen?"
„Was ist denn da los?"
„Da ijt seit a Lager achten so a mörderischer förchtcr-
licher Gestank drinnen, daß es kein Mensch nich mehr aushal-
ten kann! 's wird immer ärger!"
„Ja waö werdet Ihr einfältigen Menschen da wieder ge-
macht haben. Ich komme gleich."
„Das ist allerdings ein wahrhaft ertrapostalifcher Gestank,
das ist ja gleich zum Hinanswcrfen. Wo kommt denn der
her?"
„Wir wissen's nicht Herr Postmeister."
„Was ist denn das für ei» Fäßchen dort im Winkel, von
da scheint sich der Gestank besonders zu verbreiten?"
„Wissen's nicht, Herr Postmeister! Das kam vor vierzehn j
Tagen mit der Leipziger Post von Hamburg. 'S fehlte aber
die Adresse und Sie meinten die würde schon noch kommen,
wir sollten's derweilen nur gut aufheben, da haben wir's hier
in den Winkel gestellt, und weil Sie noch nichts wieder gesagt
haben, da stcht's nun noch."
sFür sich.) „Alle Donnerwetter, das sind ja dem Regie- !
rungsrath seine Austern, nach denen er mich alle Tage fragte, j
die Hab' ich beim Teufel rein vergessen. (Laut) He! Kohlhaas!
jetzt nimm gleich das Fässel und trag's zu dem Herrn Rcgic-
ruugsrath Zwicbelmcicr da in der Burggasse und sag' es wär'
jetzt gleich mit der Post gekommen, cs fehlte aber noch die
Adresse, die käm' mit der nächsten Post. Das Porto macht
1 Rthlr. 24 Sgr., das läßt Du Dir gleich auszahlen. Aber
gieb Achtung, das Fässel läßt Du unten im Hausflur stehen
und bist hübsch gefällig und schaffst cs gleich in den Keller."
„Sehr wohl mein Herr Postmeister! das will ich gleich
> machen."
oder Folgen verschmähter Liebe.
Tragödie in zwei Acten.
Personen:
Herr Schliescrer, angehender Apotheker.
Fräulein Marie, Tochter seines Chefs.
Erster Act.
Schauplatz: Ein einfach mcublirtcs Zimmer.
(Herr Schliescrer geht gedankenvoll auf und ab und preßt ge-
legentlich seine geballte Faust gegen seine glühende Stirn, wo-
bei er sehnsüchtig schmachtende Blicke auf Fräulein Marie wirst,
welche in einer entfernteren Fensternische eben ihres Vaters Bein-
kleider in guten Stand setzt.)
Marie (aufblickcnd): „Aber, Herr Schliescrer, was haben
Sic denn in Gottcsnamcn heute, ist ihnen denn nicht wohl,
Sie haben gewiß wieder Kopfweh, — wie?"
Schliescrer (mit einem tiefen Seufzer): „Kopfweh —
ja wohl Kopfweh, wenn ich den Kopf in meiner Brust anstatt
des Herzeus hätte — o ich Unglücklicher —!"
Marie: „Na — so arg wird's denn doch nicht sein — darf
man denn nicht wissen,was Ihnen so grausame Schmerzen macht?"
Schliescrer (sehr heftig) : „Wie — was, Sie Unmensch-
liche — Sie hätten cs nicht längst schon bemerkt — (stürzt
vor ihr auf die Kniee nieder) nun ja, so wissen Sic cs jetzt
— ich liebe Sic unendlich schon seit einem Jahre — ich kann
— ich will ohne Sic nicht leben — sprechen Sie, machen Sie
mich glücklich oder sprechen Sie mein Todcsurthcil —."
Marie (erblassend und zitternd):.„Himmel — Herr Schlic-
fcrer, was fällt Ihnen denn ein — wissen Sie denn nicht, daß
ich bereits verlobt bin und in zwei Wochen Hochzeit habe?"
Schliescrer (aufspringend): „Ha — (für sich, doch so
daß es Marie hört) ein Quentchen Arsenik wird's thun, —
(laut) so wissen Sic denn in einer halben Stunde ist Josef
Schliescrer nicht mehr — leben Sie wohl — lebe» Sic —
wohl — (stürzt fort).
Marie (eilt ihm bis zur Thüre nach): „Herr Schliescrer
ich bitte Sic um GottcS willen — Sie werden doch nicht—"
Zweiter Act.
Schliescrer allein
wie er eben ei» Quentchen Arsenik zu stch nimmt.
(Der Vorhang fällt.)
Versbaustudie Rr. 1. 47
Mchternatur.
Wie der Widder widerstrebend
Weichen, welken Wurzelwust verschlingt,
Weicht der Weise, versewcbend,
Weit vom Wirthshaus, wo der Wein ihm winkt.
Lieber läuft er, Lerchen lauschend,
Läßt die leisen Liebeslieder lodern;
Liegt am Quell, der lieblich rauschend
Rinnt, wo lange lautlos Leichen modern.
Sammelt seines Sinnens Säfte
Sicht das Saatfeld seines Schaffens sprießen,
Spitzet sorgsam solche Schäfte
So der Spötter Sünden spießen.
Drum wer wollte trotzig trachten
Tollkühn ihm zu trüben diesen Traum,
Thräncntriefend zu betrachten
Treues Treiben gleichwie Schaum?
Wie man sich aus der Schlinge zieht.
„Herr Postmeister, wollen's nich a Mal so gefällig sein
und in die Briefträgerstuben kommen?"
„Was ist denn da los?"
„Da ijt seit a Lager achten so a mörderischer förchtcr-
licher Gestank drinnen, daß es kein Mensch nich mehr aushal-
ten kann! 's wird immer ärger!"
„Ja waö werdet Ihr einfältigen Menschen da wieder ge-
macht haben. Ich komme gleich."
„Das ist allerdings ein wahrhaft ertrapostalifcher Gestank,
das ist ja gleich zum Hinanswcrfen. Wo kommt denn der
her?"
„Wir wissen's nicht Herr Postmeister."
„Was ist denn das für ei» Fäßchen dort im Winkel, von
da scheint sich der Gestank besonders zu verbreiten?"
„Wissen's nicht, Herr Postmeister! Das kam vor vierzehn j
Tagen mit der Leipziger Post von Hamburg. 'S fehlte aber
die Adresse und Sie meinten die würde schon noch kommen,
wir sollten's derweilen nur gut aufheben, da haben wir's hier
in den Winkel gestellt, und weil Sie noch nichts wieder gesagt
haben, da stcht's nun noch."
sFür sich.) „Alle Donnerwetter, das sind ja dem Regie- !
rungsrath seine Austern, nach denen er mich alle Tage fragte, j
die Hab' ich beim Teufel rein vergessen. (Laut) He! Kohlhaas!
jetzt nimm gleich das Fässel und trag's zu dem Herrn Rcgic-
ruugsrath Zwicbelmcicr da in der Burggasse und sag' es wär'
jetzt gleich mit der Post gekommen, cs fehlte aber noch die
Adresse, die käm' mit der nächsten Post. Das Porto macht
1 Rthlr. 24 Sgr., das läßt Du Dir gleich auszahlen. Aber
gieb Achtung, das Fässel läßt Du unten im Hausflur stehen
und bist hübsch gefällig und schaffst cs gleich in den Keller."
„Sehr wohl mein Herr Postmeister! das will ich gleich
> machen."
Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"Ein gebrochenes Herz"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
Public Domain Mark 1.0
Creditline
Fliegende Blätter, 28.1858, Nr. 658, S. 47
Beziehungen
Erschließung
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg