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Vetter Andres.
„Den müßt Ihr im Himmel suchen, wenn Ihr anders
hincingelaffen werdet/ antwortete sie; „er hat alles Zeitliche
überwunden."
Au weih geschrieen!" klagte der Jude, „und hat er nicht
hinter sich gelassen ein Testament oder Codizill, vornehme Frau
Jnspectorin?"
„Das hat er wohl," erwiderte sie; „aber seine Hintcr-
lasicnschaft ist gering genug ausgefallen. Wenn Ihr aber noch
Forderungen an ihn habt, so braucht Ihr Euch d'rum keine
Sorge zu machen, ich stehe selbst dafür ein, daß Alles bei
Heller und Pfennig bezahlt werden soll."
„Forderungen?" rief der Jude, „wollt's der Herr, ich
hätte Forderungen, mir wäre nicht bange. Mein! hat er doch
gekauft bei mir ein ganzes Loos zu der Lotterie und hat ge-
wonnen ganzer Zehn Tausend Thalcr."
„Das muß wohl ein Jrrthnm sein," meinte die würdige
Frau; „mein seliger Vetter hat, so viel ich weiß, nie in der
Lotterie gespielt, wenigstens hat er mir nie etwas davon gesagt."
„Au weih! au weih geschrieen!" rief der Jude, „wenn
er verloren hätte daö Zcttelchen, oder gar genommen hätte in
die Gruft mit sich. Ist bezahlt durch alle Ziehungen bei
Heller und Pfennig; nur meine Procentchcn bekomme ich noch.
Plein! suchen Sie nach, vornehme Frau Jnspectorin, suchen
Sic eiligst nach!"
Alle seine Habe war vertheilt, was konnte daö Suchen
helfen. Aber in der einen Schublade seines Pults lagen noch
einige lose Papiere. Doch darunter fand sich kein Loos. „Au
weih! au weih!" schrie außer sich der Jude, „meine Procentcher
von dem Gewinne! au weih geschricn!" Aber in derselben
Schublade fand sich noch eine alte, verschätzte und »erbleichte
mit Bindfaden zugcbundenc Bricftafcl. Mau machte sic auf.
„Victoria!" rief der Jude, „da ist's!" Es lag wirklich darin
und die Frau Muhme war Erbin seines Gewinnes.
„Nun Gott hat eö so gewollt," sagte die gute Frau;
„obgleich ich für meine Person des Geldes nicht bedarf, denn
meine Tage sind gezählt und was ich bedarf, Hab' ich durch
Gottes Güte reichlich, so will doch der barmherzige Gott meinen
Kindern und Kindeskindern vergelten und segnen, was ich mit
Freuden an dem guten Vetter Andres um seinetwillen und '
um seiner seligen Mutter willen, gethan habe. Sein Wille !
geschehe, Amen!"
Und als sie das Geld erhoben und es ihren Kindern
verthcilte, da sagte sie voll Rührung: „Denkt Ihr wohl noch
daran, lieben Kinder, als der selige Vetter arm und verlassen
zu mir in's Haus kam und ei» Obdach suchte und Ihr ihn :
in ein Hospital cinkaufeu wolltet? Nehmet jetzt hier, was er
Euch hinterlassen, und so oft Ihr Euch eine Freude machet
mit seinem Gelde oder Gutes damit thut, denkt mit Liebe,
Dank und Segnung des Vetter Andres."
Der vorsichtige Nekrut.
Rcgimcntsarzt (diktircnd): „Samuel Mortgen aus Pflungstadt, 19 Jahre und 2 Monate alt. Unter dem Maaß. !
Verspricht Wachsthum."
Rekrut: „Verzeihe se, Here Doctor, fest verspreche' kann ich's nicht!"
Vetter Andres.
„Den müßt Ihr im Himmel suchen, wenn Ihr anders
hincingelaffen werdet/ antwortete sie; „er hat alles Zeitliche
überwunden."
Au weih geschrieen!" klagte der Jude, „und hat er nicht
hinter sich gelassen ein Testament oder Codizill, vornehme Frau
Jnspectorin?"
„Das hat er wohl," erwiderte sie; „aber seine Hintcr-
lasicnschaft ist gering genug ausgefallen. Wenn Ihr aber noch
Forderungen an ihn habt, so braucht Ihr Euch d'rum keine
Sorge zu machen, ich stehe selbst dafür ein, daß Alles bei
Heller und Pfennig bezahlt werden soll."
„Forderungen?" rief der Jude, „wollt's der Herr, ich
hätte Forderungen, mir wäre nicht bange. Mein! hat er doch
gekauft bei mir ein ganzes Loos zu der Lotterie und hat ge-
wonnen ganzer Zehn Tausend Thalcr."
„Das muß wohl ein Jrrthnm sein," meinte die würdige
Frau; „mein seliger Vetter hat, so viel ich weiß, nie in der
Lotterie gespielt, wenigstens hat er mir nie etwas davon gesagt."
„Au weih! au weih geschrieen!" rief der Jude, „wenn
er verloren hätte daö Zcttelchen, oder gar genommen hätte in
die Gruft mit sich. Ist bezahlt durch alle Ziehungen bei
Heller und Pfennig; nur meine Procentchcn bekomme ich noch.
Plein! suchen Sie nach, vornehme Frau Jnspectorin, suchen
Sic eiligst nach!"
Alle seine Habe war vertheilt, was konnte daö Suchen
helfen. Aber in der einen Schublade seines Pults lagen noch
einige lose Papiere. Doch darunter fand sich kein Loos. „Au
weih! au weih!" schrie außer sich der Jude, „meine Procentcher
von dem Gewinne! au weih geschricn!" Aber in derselben
Schublade fand sich noch eine alte, verschätzte und »erbleichte
mit Bindfaden zugcbundenc Bricftafcl. Mau machte sic auf.
„Victoria!" rief der Jude, „da ist's!" Es lag wirklich darin
und die Frau Muhme war Erbin seines Gewinnes.
„Nun Gott hat eö so gewollt," sagte die gute Frau;
„obgleich ich für meine Person des Geldes nicht bedarf, denn
meine Tage sind gezählt und was ich bedarf, Hab' ich durch
Gottes Güte reichlich, so will doch der barmherzige Gott meinen
Kindern und Kindeskindern vergelten und segnen, was ich mit
Freuden an dem guten Vetter Andres um seinetwillen und '
um seiner seligen Mutter willen, gethan habe. Sein Wille !
geschehe, Amen!"
Und als sie das Geld erhoben und es ihren Kindern
verthcilte, da sagte sie voll Rührung: „Denkt Ihr wohl noch
daran, lieben Kinder, als der selige Vetter arm und verlassen
zu mir in's Haus kam und ei» Obdach suchte und Ihr ihn :
in ein Hospital cinkaufeu wolltet? Nehmet jetzt hier, was er
Euch hinterlassen, und so oft Ihr Euch eine Freude machet
mit seinem Gelde oder Gutes damit thut, denkt mit Liebe,
Dank und Segnung des Vetter Andres."
Der vorsichtige Nekrut.
Rcgimcntsarzt (diktircnd): „Samuel Mortgen aus Pflungstadt, 19 Jahre und 2 Monate alt. Unter dem Maaß. !
Verspricht Wachsthum."
Rekrut: „Verzeihe se, Here Doctor, fest verspreche' kann ich's nicht!"
Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"Der vorsichtige Rekrut"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
Public Domain Mark 1.0
Creditline
Fliegende Blätter, 28.1858, Nr. 670, S. 140
Beziehungen
Erschließung
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg