Garde-Rekruten.
ein großes Handgeld. Die Garde lebt wie Edelleute, bekommt
hohen Sold, und Bursche, die sich gut machen, bringen es bald
bis zum Unteroffizier und sind dann gemachte Leute. Mein
Vetter ist auch Unteroffizier in der Potsdamer Garde und kann,
wenn wir ab und an znsammenkommen, sein Glück nicht genug
preisen. Wenn ich dem ein gutes Wort geben würde, so könnte
durch ihn vielleicht der Eintritt eines oder mehrerer Ihrer Söhne in
die Garde vermittelt werden. Was meinen Sie, Herr Hartung?"
„Hören Sie 'mal, Herr Ehlermanu," brauste der alte
Härtung, kirschroth im Gesichte, auf, „ich meine, so viel, als
das Handgeld beträgt, das ein Soldat erhält, so viel kann ich
meinen Söhnen auch noch geben, und wenn einer der Jungen
mir käme und wollte unter die Soldaten gehen, dann wären
wir Beide, mein Sohn und ich, geschiedene Leute! Das meine
ich, Herr Ehlermann!"
Das war deutlich genug gesprochen, und Herr von Plaskow
machte keine weiteren Vorschläge, sondern verabschiedete sich bald
darauf, nachdem er dem dicken Jost jedoch noch zuvor versichert
hatte, seinen Besuch allernächstens wiederholen zu wollen, was
der Alte sehr kühl aufnahm.
Nachdenklich sah dieser dem abfahrenden Viehhändler Ehlcr-
mann aus Salzwedel nach. Daun sich au seine Söhne wendend,
fragte er: „Wißt Ihr wohl, was das für ein Kerl war?"
„Er sagte ja, er wäre ein Ochsenhändlcr, Vater," ent-
gcgnete der älteste der Söhne.
„Was? Das will ein Ochsenhändler sein? Der Kerl hatte
ja Handschuh an. Ein Ochsenhändler und Handschuhe! Und
daun ging er nur immer so um die Ochsen herum und hat
nicht einmal einem den Schwanz aufgehoben und nach dem
braunen Streifen gefühlt, wo man doch zuerst ansehen kann,
was ein rechtschaffener Ochse ist. Nein, der Kerl war kein
i Ochsenhändlcr, der Kerl war ein Spion!"
„Was, Vater, ein Spion! O ne!"
„Sicher, er war ein Spion, und er sah immer nach Euch.
Nehmt Euch in Acht, sage ich. Der will Jagd auf Euch machen.
Der will Euch zu Soldaten anwcrben!"
„O nein, Vater!"
„Sicher, das will er! Und das wäre schlimm. Denket
nur daran, wie es dem langen Fritz aus Hagenow gegangen ist.
Während seines Dienstes als Bote kam er auch in das Brandcn-
burgische und da ist er Werbern in die Hand gefallen, und
kein Mensch weiß, ob er noch lebt, oder ob er schon tobt ge-
schossen ist. Und noch schlimmer ist cs dem Sohne des Schmidts
aus Wittcnmoor ergangen. Der war auch solch ein Kerl, wie
Klas, und als der auch 'mal im Brnndcnburgischcu 'was zu
thun hatte, haben sic sich auch an den gemacht, haben ihni
zugetrunkeu, bis er betrunken geworden. Als er dann wieder
ausgewacht ist, haben sic ihm ein Papier gezeigt, durch das er
sich verpflichtet haben sollte, in Potsdam zu dienen. Und als
er da sagte, das wäre nicht an dem, da haben sie ihn gebunden
und weggeschleppt und unter die Soldaten gesteckt. Das mochte
ihm wohl nicht gefallen, und da desertirte er. Sie haben ihn
aber wieder gefangen und da mußte er Spießrnlhcn laufen, ein
paarmal — ich weiß nicht wie viel mal — durch ein ganzes
Bataillon hindurch. Das ist ihm doch zu viel geworden, und
vierzehn Tage nachher ist er gestorben. Nehmt Euch in Acht, !
sage ich nochmals, sonst kann es Euch ebenso ergehen!"
Der ebenso kluge als besorgte Vater ordnete nun sogleich
an, daß alle Arbeiten auf dem Moore und in den Fuhren«
kämpcn, welche der Grenze zunächst lagen, nur von ihm und
dem Knechte besorgt würden, die Söhne aber lediglich das ver-
richten sollten, was auf den Aeckern und Wiesen, die in un-
mittelbarer Nähe des Gehöftes lagen, zu thun war.
„Und Du," wandte er sich dann an den ältesten Sohn !
Jochen, „daß Du Dich nicht unterfängst, und gehst sobald wieder
zu Deiner Braut. Das versichere ich Dir, wenn Tu nur einen ;
Schritt über die Grenze setzest, dann ist cs aus nnt uns, und
ich will von Dir und dcni Mädel nichts mehr wissen."
„Aber, Vater, soll ich sie denn gar nicht mehr sehen?"
fragte der Acltcste verdutzt und kleinlaut.
„Das habe ich nicht gesagt. Der Knecht kann alle Sonntag
Nachmittags nach der Kirche hinüber fahren und sie mit dem
Wagen hierher holen, und sic dann Abends wieder nach Hause
bringen. Du aber bleibst hier im Lande! Hast Du mich
verstanden?"
„Ja, Vater!"
Demgemäß wurde in Wiudhagcn von dein dicken Jost alles ■
auf's Vorsichtigste eingerichtet und ausgeftihrt, und als in den
nächsten Tagen nach dein Besuche des Viehhändlers Ehlermann
ans Salzwedel nichts Auffälliges bemerkt wurde, schwand nach und
nach der erste Schrecken über das Erscheinen des „Spions."
Was de» Hauptman» von Plaskow anbetrifft, so stand
derselbe nach Ablauf seines vierzchnlügigcn Urlaubs genau zur
vorgeschriebcncn Stunde wiederum im Zimmer des Königs, um
den schuldigen Rapport abzustatte».
„Na, Plaskow, was hat Er denn für Geschäfte gemacht?"
fragten Seine Majestät wohlwollend.
„Leider keine besonderen, Majestät," cutgcgnete der
Hauptman».
„Was?" fragte der König und auf seiner Stirn begann
die Zornes aber zu schwellen.
„Befohlenermaßen, habe ich mir," fuhr Plaskow fort, „die
quüstionirten drei Subjectc näher angesehen und dabei die Ucbcr-
zeugung gewonnen, daß keine Hoffnung vorhanden sein dürfte,
die Leute für Allerhöchst Dero Garde zu acquiriren."
„Das findet sich," fuhr der König auf. „Er hat ihnen !
doch gehörig Handgeld geboten, Plaskow? Was?"
„Handgeld, gute Behandlung, Aussicht auf Avancement,
Alles habe ich den Burschen angeboten."
„Und die dummen Kerle wollten doch nicht?"
„Nein Majestät, umsoweniger, als der Vater seine Söhne
mit Verstoßung und Enterbung bedrohte, wenn sie sich einfallcn
lassen würden, sich ats Soldaten anwcrben zu lassen."
„Das hat der Kerl zu sagen gewagt? Der Bursche vcr- ,
dient ja Galgen und Rad!" brauste der König auf und durchmaß !
das Gemach mit großen Schritten. Dann fragte er nach einer
Pause: „Sag' Er 'mal, Plaskow, ist denn an den Leuten
wirklich 'was d'ran?"
ein großes Handgeld. Die Garde lebt wie Edelleute, bekommt
hohen Sold, und Bursche, die sich gut machen, bringen es bald
bis zum Unteroffizier und sind dann gemachte Leute. Mein
Vetter ist auch Unteroffizier in der Potsdamer Garde und kann,
wenn wir ab und an znsammenkommen, sein Glück nicht genug
preisen. Wenn ich dem ein gutes Wort geben würde, so könnte
durch ihn vielleicht der Eintritt eines oder mehrerer Ihrer Söhne in
die Garde vermittelt werden. Was meinen Sie, Herr Hartung?"
„Hören Sie 'mal, Herr Ehlermanu," brauste der alte
Härtung, kirschroth im Gesichte, auf, „ich meine, so viel, als
das Handgeld beträgt, das ein Soldat erhält, so viel kann ich
meinen Söhnen auch noch geben, und wenn einer der Jungen
mir käme und wollte unter die Soldaten gehen, dann wären
wir Beide, mein Sohn und ich, geschiedene Leute! Das meine
ich, Herr Ehlermann!"
Das war deutlich genug gesprochen, und Herr von Plaskow
machte keine weiteren Vorschläge, sondern verabschiedete sich bald
darauf, nachdem er dem dicken Jost jedoch noch zuvor versichert
hatte, seinen Besuch allernächstens wiederholen zu wollen, was
der Alte sehr kühl aufnahm.
Nachdenklich sah dieser dem abfahrenden Viehhändler Ehlcr-
mann aus Salzwedel nach. Daun sich au seine Söhne wendend,
fragte er: „Wißt Ihr wohl, was das für ein Kerl war?"
„Er sagte ja, er wäre ein Ochsenhändlcr, Vater," ent-
gcgnete der älteste der Söhne.
„Was? Das will ein Ochsenhändler sein? Der Kerl hatte
ja Handschuh an. Ein Ochsenhändler und Handschuhe! Und
daun ging er nur immer so um die Ochsen herum und hat
nicht einmal einem den Schwanz aufgehoben und nach dem
braunen Streifen gefühlt, wo man doch zuerst ansehen kann,
was ein rechtschaffener Ochse ist. Nein, der Kerl war kein
i Ochsenhändlcr, der Kerl war ein Spion!"
„Was, Vater, ein Spion! O ne!"
„Sicher, er war ein Spion, und er sah immer nach Euch.
Nehmt Euch in Acht, sage ich. Der will Jagd auf Euch machen.
Der will Euch zu Soldaten anwcrben!"
„O nein, Vater!"
„Sicher, das will er! Und das wäre schlimm. Denket
nur daran, wie es dem langen Fritz aus Hagenow gegangen ist.
Während seines Dienstes als Bote kam er auch in das Brandcn-
burgische und da ist er Werbern in die Hand gefallen, und
kein Mensch weiß, ob er noch lebt, oder ob er schon tobt ge-
schossen ist. Und noch schlimmer ist cs dem Sohne des Schmidts
aus Wittcnmoor ergangen. Der war auch solch ein Kerl, wie
Klas, und als der auch 'mal im Brnndcnburgischcu 'was zu
thun hatte, haben sic sich auch an den gemacht, haben ihni
zugetrunkeu, bis er betrunken geworden. Als er dann wieder
ausgewacht ist, haben sic ihm ein Papier gezeigt, durch das er
sich verpflichtet haben sollte, in Potsdam zu dienen. Und als
er da sagte, das wäre nicht an dem, da haben sie ihn gebunden
und weggeschleppt und unter die Soldaten gesteckt. Das mochte
ihm wohl nicht gefallen, und da desertirte er. Sie haben ihn
aber wieder gefangen und da mußte er Spießrnlhcn laufen, ein
paarmal — ich weiß nicht wie viel mal — durch ein ganzes
Bataillon hindurch. Das ist ihm doch zu viel geworden, und
vierzehn Tage nachher ist er gestorben. Nehmt Euch in Acht, !
sage ich nochmals, sonst kann es Euch ebenso ergehen!"
Der ebenso kluge als besorgte Vater ordnete nun sogleich
an, daß alle Arbeiten auf dem Moore und in den Fuhren«
kämpcn, welche der Grenze zunächst lagen, nur von ihm und
dem Knechte besorgt würden, die Söhne aber lediglich das ver-
richten sollten, was auf den Aeckern und Wiesen, die in un-
mittelbarer Nähe des Gehöftes lagen, zu thun war.
„Und Du," wandte er sich dann an den ältesten Sohn !
Jochen, „daß Du Dich nicht unterfängst, und gehst sobald wieder
zu Deiner Braut. Das versichere ich Dir, wenn Tu nur einen ;
Schritt über die Grenze setzest, dann ist cs aus nnt uns, und
ich will von Dir und dcni Mädel nichts mehr wissen."
„Aber, Vater, soll ich sie denn gar nicht mehr sehen?"
fragte der Acltcste verdutzt und kleinlaut.
„Das habe ich nicht gesagt. Der Knecht kann alle Sonntag
Nachmittags nach der Kirche hinüber fahren und sie mit dem
Wagen hierher holen, und sic dann Abends wieder nach Hause
bringen. Du aber bleibst hier im Lande! Hast Du mich
verstanden?"
„Ja, Vater!"
Demgemäß wurde in Wiudhagcn von dein dicken Jost alles ■
auf's Vorsichtigste eingerichtet und ausgeftihrt, und als in den
nächsten Tagen nach dein Besuche des Viehhändlers Ehlermann
ans Salzwedel nichts Auffälliges bemerkt wurde, schwand nach und
nach der erste Schrecken über das Erscheinen des „Spions."
Was de» Hauptman» von Plaskow anbetrifft, so stand
derselbe nach Ablauf seines vierzchnlügigcn Urlaubs genau zur
vorgeschriebcncn Stunde wiederum im Zimmer des Königs, um
den schuldigen Rapport abzustatte».
„Na, Plaskow, was hat Er denn für Geschäfte gemacht?"
fragten Seine Majestät wohlwollend.
„Leider keine besonderen, Majestät," cutgcgnete der
Hauptman».
„Was?" fragte der König und auf seiner Stirn begann
die Zornes aber zu schwellen.
„Befohlenermaßen, habe ich mir," fuhr Plaskow fort, „die
quüstionirten drei Subjectc näher angesehen und dabei die Ucbcr-
zeugung gewonnen, daß keine Hoffnung vorhanden sein dürfte,
die Leute für Allerhöchst Dero Garde zu acquiriren."
„Das findet sich," fuhr der König auf. „Er hat ihnen !
doch gehörig Handgeld geboten, Plaskow? Was?"
„Handgeld, gute Behandlung, Aussicht auf Avancement,
Alles habe ich den Burschen angeboten."
„Und die dummen Kerle wollten doch nicht?"
„Nein Majestät, umsoweniger, als der Vater seine Söhne
mit Verstoßung und Enterbung bedrohte, wenn sie sich einfallcn
lassen würden, sich ats Soldaten anwcrben zu lassen."
„Das hat der Kerl zu sagen gewagt? Der Bursche vcr- ,
dient ja Galgen und Rad!" brauste der König auf und durchmaß !
das Gemach mit großen Schritten. Dann fragte er nach einer
Pause: „Sag' Er 'mal, Plaskow, ist denn an den Leuten
wirklich 'was d'ran?"