130 Schwanda, de
lustigsten Wurster!" Und mit erneuter Anstrengung watete er
durch Schnee und Sturmgcbrause fürder. Die Rufer vor sich
vermochte er jedoch nicht zu ereilen. Da, nachdem er mit un-
säglicher Mühe einen Hügel erklommen, versagten ihm endlich
die Kräfte. Eine unaussprechliche Müdigkeit erfaßte ihn, er
vermochte keinen Schritt weiter zu thun.
„Da hat der Teufel wieder einmal sein Spiel mit mir!"
rief er verdrießlich aus. „Die Kerle werden mir auf und da-
von gehen, und ich kann durch Schnee und Finsternis; dann
zufchauen, wie ich den Weg finde! Doch — was hilft das
Alles? Ich bin müde wie ein Ackergaul, und muß eine Weile
rasten! Dann in Satans Namen weiter!"
Da stieß er an etwas an. Es war ein in's Gcvier! in-
eiuander gerammtes Gcbälke, das, so hoch etwa wie eine Bank,
aus dem Schnee emporragte. Van den einzelnen Querbalken
hingen in den Schnee hinab unterschiedliche Stücke von Ketten
und Stricken.
„Ah!" dachte er, „das kommt wie herbeigewünscht-!" nahm
feinen Dudelfack vor sich auf den Schoost, und ließ sich auf
einen der Querbalken behaglich nieder.
Er faß nicht eine Minute lang, und um seine Schläfe
begann cs zu spielen wie leiser Schlummer. Die Augenlider,
brennend heiß, sanken ihm; die Glieder durchrieselte wohliges
Ermatten.
Da mit einem Male fühlte er sich sanft auf die Schulter
geklopft. „Schwanda! Wackerer Dudelsackpfeifer!" klang es da-
bei an sein Ohr. „Wahrlich, Du bist denn doch nur ein ge-
plagtes, unglückseliges Geschöpf!"
Er fuhr auf. Ihm zur Seite stand ein stattlicher, feiner
Herr, gekleidet ganz wie ein Edelmann, mit Degen und Sporen,
nur daß Alles vom Scheitel bis zur Zehe an ihm schwarz war,
was vom Schnee gar sonderlich sich abhub.
„Siehst Du!" sprach der Herr weiter, „Du dauerst mich
herzlich! Nur anderen Leuten Vergnügen machen und sich selbst
keines gönnen dürfen, das kommt mir so vor, wie anderen
Leuten beständig fort Leckerbissen auftischen und selber hungern
müssen! Das ist ein hartes, erbärmliches Loos! Aus! Komm'
mit mir, und Du sollst es besser haben und nichts soll Dir
abgehen, was Dein Herz begehrt, die schönsten Weiber, den
köstlichsten Trunk, Würfel, die keinen Augenblick feiern, und
Gold dazu in Hülle und Fülle!"
„Herr!" frug Schwanda auf's Freudigste überrascht, „sagt,
seid Ihr nicht Einer von denen, die da vor mir nach Draschist
gehen ?"
„Allerdings!" erwiderte der Herr. „Nach Draschist . . .
hm, hm! Jawohl, nach Draschitz! Wo denn sonst hin?"
„Wo sie heute den heiligen Hilarius feiern?"
Der Herr schnellte bei dieser Frage empor, als ob ihn
: eine Natter in die Ferse gebissen hätte, und nicßtc so gewaltig,
! daß es wie ein kleiner Donnerschlag klang, wobei es Schwanda
1 so hell an den Augen vorbeizuckte, als hätte sein neuer Gönner
! pures Feuer genießt. „Allerdings!" sprach dieser. „So ist's!
Nun aber auf, und mach' Dich ans die Beine, daß wir von
der Stelle kommen!"
Mit einem Ruck war Schwanda von seinem Ruhcsistc
herab, juchheite in die sausende Lust hinein, und ging.
Und um wie viel leichter ging sich's jetzt, als zuvor! Es j
war gerade, als hätte der Wind ihn in die Arme genommen
und trüge ihn auf seinen Schwingen davon.
Nicht lange, und er trat in ein hellerleuchtetes Schloß, ;
daraus von ferne schon das fröhlichste Getöse ihm entgegen-
scholl; daß das nicht das bescheidene Kirchdorf zu St. Hilarius
sei, merkte er wohl.
Allein lustig ging es aus jeden Fall zu, und warum !
sollte er da nicht mit dabei sein wollen? In dem hohen, von -
Millionen Glühwürmern blendend erhellten Saale, in den sein
Begleiter ihn brachte, wogte ein gar lustiges Gewühl von Herren
und Damen auf und nieder, die Herren Alle vom Scheid
bis zur Zehe in Schwarz, die Damen in Feucrroth gekleidet-
Man tanzte, mau schwang die Becher, man würfelte, man küß^
und herzte einander, daß Einem wohl der Mund wässern dürft?'
Als Schwanda eintrat, scholl ihm von allen Seiten der
freudigste Zuruf entgegen.
„Juchhe!" hieß cs, „Schwanda ist da! Packt ein E"H
Partes, Ihr vermaledeiten Schulmeister, und fahrt in Groll"
mama's Schmorrofen! Wo Schwanda mit seiner Sackpseise
da mag man Euch leicht missen!"
lustigsten Wurster!" Und mit erneuter Anstrengung watete er
durch Schnee und Sturmgcbrause fürder. Die Rufer vor sich
vermochte er jedoch nicht zu ereilen. Da, nachdem er mit un-
säglicher Mühe einen Hügel erklommen, versagten ihm endlich
die Kräfte. Eine unaussprechliche Müdigkeit erfaßte ihn, er
vermochte keinen Schritt weiter zu thun.
„Da hat der Teufel wieder einmal sein Spiel mit mir!"
rief er verdrießlich aus. „Die Kerle werden mir auf und da-
von gehen, und ich kann durch Schnee und Finsternis; dann
zufchauen, wie ich den Weg finde! Doch — was hilft das
Alles? Ich bin müde wie ein Ackergaul, und muß eine Weile
rasten! Dann in Satans Namen weiter!"
Da stieß er an etwas an. Es war ein in's Gcvier! in-
eiuander gerammtes Gcbälke, das, so hoch etwa wie eine Bank,
aus dem Schnee emporragte. Van den einzelnen Querbalken
hingen in den Schnee hinab unterschiedliche Stücke von Ketten
und Stricken.
„Ah!" dachte er, „das kommt wie herbeigewünscht-!" nahm
feinen Dudelfack vor sich auf den Schoost, und ließ sich auf
einen der Querbalken behaglich nieder.
Er faß nicht eine Minute lang, und um seine Schläfe
begann cs zu spielen wie leiser Schlummer. Die Augenlider,
brennend heiß, sanken ihm; die Glieder durchrieselte wohliges
Ermatten.
Da mit einem Male fühlte er sich sanft auf die Schulter
geklopft. „Schwanda! Wackerer Dudelsackpfeifer!" klang es da-
bei an sein Ohr. „Wahrlich, Du bist denn doch nur ein ge-
plagtes, unglückseliges Geschöpf!"
Er fuhr auf. Ihm zur Seite stand ein stattlicher, feiner
Herr, gekleidet ganz wie ein Edelmann, mit Degen und Sporen,
nur daß Alles vom Scheitel bis zur Zehe an ihm schwarz war,
was vom Schnee gar sonderlich sich abhub.
„Siehst Du!" sprach der Herr weiter, „Du dauerst mich
herzlich! Nur anderen Leuten Vergnügen machen und sich selbst
keines gönnen dürfen, das kommt mir so vor, wie anderen
Leuten beständig fort Leckerbissen auftischen und selber hungern
müssen! Das ist ein hartes, erbärmliches Loos! Aus! Komm'
mit mir, und Du sollst es besser haben und nichts soll Dir
abgehen, was Dein Herz begehrt, die schönsten Weiber, den
köstlichsten Trunk, Würfel, die keinen Augenblick feiern, und
Gold dazu in Hülle und Fülle!"
„Herr!" frug Schwanda auf's Freudigste überrascht, „sagt,
seid Ihr nicht Einer von denen, die da vor mir nach Draschist
gehen ?"
„Allerdings!" erwiderte der Herr. „Nach Draschist . . .
hm, hm! Jawohl, nach Draschitz! Wo denn sonst hin?"
„Wo sie heute den heiligen Hilarius feiern?"
Der Herr schnellte bei dieser Frage empor, als ob ihn
: eine Natter in die Ferse gebissen hätte, und nicßtc so gewaltig,
! daß es wie ein kleiner Donnerschlag klang, wobei es Schwanda
1 so hell an den Augen vorbeizuckte, als hätte sein neuer Gönner
! pures Feuer genießt. „Allerdings!" sprach dieser. „So ist's!
Nun aber auf, und mach' Dich ans die Beine, daß wir von
der Stelle kommen!"
Mit einem Ruck war Schwanda von seinem Ruhcsistc
herab, juchheite in die sausende Lust hinein, und ging.
Und um wie viel leichter ging sich's jetzt, als zuvor! Es j
war gerade, als hätte der Wind ihn in die Arme genommen
und trüge ihn auf seinen Schwingen davon.
Nicht lange, und er trat in ein hellerleuchtetes Schloß, ;
daraus von ferne schon das fröhlichste Getöse ihm entgegen-
scholl; daß das nicht das bescheidene Kirchdorf zu St. Hilarius
sei, merkte er wohl.
Allein lustig ging es aus jeden Fall zu, und warum !
sollte er da nicht mit dabei sein wollen? In dem hohen, von -
Millionen Glühwürmern blendend erhellten Saale, in den sein
Begleiter ihn brachte, wogte ein gar lustiges Gewühl von Herren
und Damen auf und nieder, die Herren Alle vom Scheid
bis zur Zehe in Schwarz, die Damen in Feucrroth gekleidet-
Man tanzte, mau schwang die Becher, man würfelte, man küß^
und herzte einander, daß Einem wohl der Mund wässern dürft?'
Als Schwanda eintrat, scholl ihm von allen Seiten der
freudigste Zuruf entgegen.
„Juchhe!" hieß cs, „Schwanda ist da! Packt ein E"H
Partes, Ihr vermaledeiten Schulmeister, und fahrt in Groll"
mama's Schmorrofen! Wo Schwanda mit seiner Sackpseise
da mag man Euch leicht missen!"
Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"Schwanda, der Sackpfeifer"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Kommentar
Signatur
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 56.1872, Nr. 1397, S. 130
Beziehungen
Erschließung
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg