Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Overview
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
-— ___

Schwanda, der Sackpfeifer.


Selbstverständlich mußte Schwanda den Herren und Damen
Ällcm nun aufspiclen. Doch nur zwei oder drei Stücklcin.
Trunk, den man ihm dabei reichte, rollte ihm wie süßes
'lk">er durch die Adern. Was war da alles Bier der Welt da-
llegcn! Jämmerliches Gcplcmpcr, zu schlecht für die Heiden, und
’U elend, daß ein ehrlicher Musikant sich damit die schönen
^ederblumcn, die im Herzen ihm aufblühcn, sündhaft über-
schwemme ! In seinen Hut dafür fiel ein wahrer Goldregen,
^uitcr blanke Dukaten, frisch aus des Kaisers Münze. Was
^"gen die ärmlichen weißen Groschen dagegen? Was konnte er
'illcs dafür haben, wie viele vergnügte Tage — was Tage!
~~ wie viel vergnügte Wochen, ja Jahre sich dafür bereiten!
~ölin kamen die Damen und umdrängten ihn, und warfen
^u>c nach der Andern sich ihm an die Brust und überhäuften
mit Küssen und Liebkosungen, daß ihm ward, als schwämme
^ in, Wonnemccr des siebenten Himmels. Was waren im
'"^'gleiche mit ihnen all die blöden und spröden Dorfdirnen,
^'c für all seine köstlichen Stücklein ihm nicht einmal den be-
scheidenen Lohn eines einzigen Kusses gewähren mögen? Wohl
Flanbte er in mancher von ihnen eine bekannte Gestalt zu be-
^llißen, wie z. B. die schwarzäugige Probstcnsköchin Lidunka,
die er vor Jahren närrisch verliebt gewesen, die ihn stets
dem Sittenspruche znrückgewicsen, Liebe ohne des Priesters
^gen sei eine Sünde, für die man barsüß nach Rom pilgern
^usse, dazu seien ihre Füßlcin viel zu zart; oder die blonde
^arnschka, in deren Truhe ganze £nitc voll seiner weißen Gro-
schen gewandert, die sie hinter seinem Rücken mit einem lüdcr-
"chen Landsknecht verpraßt, ohne daß ihm etwas anderes geblie-
als ans ihre Untreue die rührendsten Lieder zu ersinnen. Doch
ü'nrcn die längst alle tobt; Lidunka war in einem Hospital ge-
lUirbeu u„d Maruschka hatte der Landsknecht erstochen, und es
f°nntc darum nur Täuschung sein, pure Täuschung! Tann kamen
^e Herren und luden ihn zum Spiele. Hei, wie die Würfel
^"gcn, und jeder Wurf brächte ihm neues Glück! Bald hatte er
U'cht Taschen genug, um das gewonnene Gold darein zu bergen,
^as waren da die knauserigen Bauernbnrsche dagegen, die um
^"lcs rothcn Hellers willen einander die Schädel blutig schlugen!
^uch unter ihnen glaubte er manchen Bekannten wiederzufinden,
z. B. den wackcrn Komas, den er als Knabe ans dem
chiarklplahe zu Strakonitz einen ganzen Berg ketzerischer Bibeln
»nd Gesangbücher verbrennen gesehen, und den edlen'Groß-
Ulquisitor Questenberg, den er, gleichfalls als Knabe, im Prager
^chloßgarten ganz gcmüthlich Erdbeeren pflücken und verspeisen
eschen. während vor dem Rathhause der Altstadt unten das
Blutgerüst von den abgeschlagenen Köpfen und ausgcrissenen
Zungen der einundzwanzig Blntzcngcn des Rechtes und der Frci-
ch>t triefte. Aber auch die waren ja alle längst todt, und auch
das konnte nur Täuschung sein! Mit einem Worte, es war ihm
lu wohl und so selig, daß er sein Lebtag nicht besser cs zu
dabcn wünschte, und im Stillen einen Sterbcnscid that, sein
^btag an keine Bauerndirne weiter seine Liebessehnsncht zu ver-
schwenden. mit keinem Bauernburschcn mehr zu würfeln, mit
dcni Spühlicht, Bier genannt, das Hirn sich nicht mehr unter
Nasser zu setzen — letzteres notabene mit der Ausnahme heißer

Tage und großen Durstes und wenn Besseres just nicht bei der
Hand wäre!

Ta, als cs schon stundenlang über Mitternacht sein mußte,
trat der Herr zu ihm heran, der ihn an diesen Drt gebracht.

„Run, Freund Schwanda, wie gefüllt cs Dir bei uns?"

„O, über alle Maßen vortrefflich!"

„Run, da könntest Du ja wohl für immer bei uns bleiben?"

„Warum denn nicht? Bon Herzen gern!"

„Soll auch uns sehr angenehm sein! Aber,"' räusperte
sich der Herr, daß cs Schwanda wieder so etwas wie Funken
vor den Augen stob, „gleich, für heute gleich, geht das wohl
nicht an! Wir, das heißt eigentlich Tu, bester Freund, bist
noch nicht so recht vorbereitet für unseren Kreis, passest noch
nicht so ganz in unsere Mitte! Mußt noch auf einige Zeit
wieder in Deine Dörfer hinaus, in's Land, unter Deine Leute!
Mußt es noch ein wenig so forttreiben in Deiner Weise, mit
Einem Worte, Dich erst noch tüchtig ausbilden, gehörig reis
werden für uns!"

„Was?" fuhr Schwanda hoch auf. „Wo ist der, der im
Pfeifen sich meinen Meister heißen könnte?"

„Davon ist nicht die Rede! Aber siehst Du! AU die
Herren und Damen hier haben in ihrem Leben irgend etwas
— Außerordentliches zu Wege gebracht, und sich dadurch dieser
Gesellschaft, dieses ewig lustigen Lebens würdig erwiesen! Du
aber — was hast Tu bis jetzt gethan? Tic Menschen er-
lustigt! Das ist aber nicht Alles! Geh' hin und mach' cs
einmal so, daß die Menschheit über Dich weint, und hast Du
das gethan, dann komm' wieder, oder vielmehr, dann will ich
Dich selbst wieder dort abholen, wo ich Dich heute gesunden!
Als Mann von Ehre," fuhr der Herr fort, und wieder blitzte
cs Schwanda vor den Augen, „will ich cs jedoch nicht unter-
lassen, Dich zum einstweiligen Abschiede diese Stätte noch einmal
schonen zu lassen, damit Du Dir sie wohl merkest! . . . Dort
. . . schau hin . . . !"

(Schluß folgt.)

LLaldnymphc.

Des Waldes Nymphe sollt' ein Märchen,
Nichts als nur ein Märchen sein?

Ach! du drangst nicht in das tiefe,

Stille Waldgeheimniß ein!

Lausche nur recht sehnsuchtsinnig,

Halte hübsch den Athem an:

Leise schrcitet's durch des Waldes
Blattbcdccktc Wege dann.

Elfcnleichtc Schritte sind cs.

Die sich nah'n geheimnisvoll!

Keine Regung jetzund, wenn die
Nymphe scheu nicht fliehen soll!

17'
Image description
There is no information available here for this page.

Temporarily hide column
 
Annotationen