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Und er dachte:

„A was, wenn ich der Marei nicht recht bin, so bin ich's
vielleicht der Kathrein!"

Und als die Kellnerin ihm das fünfte Kriigel hinstellte,
da schlang er den Arm um ihren Leib und zog sie auf seinen
Schooß.

„Schau' mich an, Kathrein," sagte er, „und sag', ob ich
Dir gefall'! Schau' mich recht an!"

„Wärst mir schon recht!" erwiderte leise die Kell-
nerin, und ehe sie's hätte wehren können, vorausgesetzt,
daß sie gewollt hätte, brannte ein heißer Kuß auf
ihren Lippen.

Jürgei aber stieß einen Juchzer aus.

Und so blieb denn der Jürgei bis zum Abend
und die ganze Nacht und den andern Tag, und er
trank immer fort und sang, daß es weithin hallte, und
herzte die Kellnerin, daß es schmatzte und es schien, als
könnte der Jürgei nicht mehr aufhören zu trinken, zu
singen und die Kellnerin zu umhalsen. —

Jndeß war der Bader-Marei bange geworden, als
der Tag und die Nacht vergangen war, ohne daß der
Jürgei ein Lebenszeichen von sich gegeben hätte.

Am End' hat sich der dumme Bne ein Leids
angethan!

Als aber der nächste Tag anbrach und Jürgei noch
immer nicht zu sehen war, da litt es die Marei nicht mehr.

Es war eben wieder die Sonne im Sinken, als der
Riippelbauer, bei dem der Jürgei Knecht war, vorüberging.

„Ist der Jürgei krank?" fragte sie den Bauer und that,
als läge ihr an der Antwort gerade so viel wie nichts.

„Krank?" erwidert der Bauer. „Krank? Schon den
zweiten Tag sitzt der Lump oben im Waldwirthshaus und hört
nicht zu trinken auf, und singt lasterhafte Schnnderhüpfel und
laßt der Kathrein keinen Fried!" —

Marei, warum wirst denn so blaß? Und warum wirst
Du jo tiefsinnig und stierst vor Dich hin?

Und von dem Augenblick bis zur Heimkehr des Baders
kommt kein Lied mehr über ihre Lippen und mechanisch, aber
gleichgiltig und gegen ihre Gewohnheit langsam verrichtet sie
ihre Arbeit.

Der Bader, wie er heimkommt, merkt, daß der Marei was ist.

„Marei, hat's was gegeben?"

„Herr Bader, es geht nur mich an."

„Nun, und was ist's?"

„Hab' g'rad Nachricht kriegt, daß mein' Bas', die Trud-
wagnerin drüben über'm Berg schwer krank is, und daß ich
sie heut' noch b'suchen sollt'. Wann der Herr Bader erlauben
thät —"

„Sie hat gewiß wieder ihre Krämpf'!" sagt gntmüthig
der Bader. ,,J» Gottesnamen, geh' und nimm die Tropfen
mit. Aber komm' wir nicht zu spät heim!"

Eine Viertelstunde später war die Marei am Weg.

Es ist derselbe '4^cg, den der Jürgei gegangen ivar, als
er die Marei zuletzt verließ.

Wie sie zum Wirthshaus oben hinauf kommt, hört sie
singen.

Das ist der Jürgei! Er ist noch immer im Wirthshaus.

Tie Marei legt die Hand auf's Herz, dann tritt sie resolut
in die Schenkstube.

Da sitzt der Jürgei, ein Krügel vor ihm, die Kellnerin
an

„Jürgei!" ruft ihm die Marei in der Thüre zu.

Er wendet sich um.

„Die Marei!" sagt er, und es ist als ob bei ihrem An-
blick der Rausch von ihm plötzlich gewichen.

Er rückt von der Kellnerin weg und schiebt das Krügel
von sich.

„Komm' nach Haus!" sagt die Marei eintönig.

„Ter geht Dir nicht!" lacht die Kellnerin. „Bringt ihn
Kein's mehr weg von da!"

Der Jürgei aber steht auf.

Die ersten Schritte, die er thut, sind noch etwas schwan-
kend, die nächsten werden aber immer sicherer.

Als er an die Thüre langt, ersaßt Marei seine Hand.

Sie zieht ihn mit sich in's Freie hinaus.

Die kühlende Abendluft ernüchtert Jürgei vollends.

— „Marei!" sagt er. „Magst mich also doch?"

— „Ju Gottesnamen, ja! Aber komm'nur nach Haus!"

— „Und, Marei, sag' die Wahrheit! Schau' mich an:
Bin ich noch . . . geschwollen?"

„Nein, Jürgei! Kein' Spur mehr!"

Und lachend wirft sich Marei an seine Brust.

„Aber jetzt komm', Jürgei!"

Der Jürgei aber wehrt sich.

„Nein," sagt er ernst. „Wir müssen noch früher zuw
„Pfefferschmied" hinunter. Ich muß ihm's doch sagen, daß es
geholfen hat."
Bildbeschreibung

Werk/Gegenstand/Objekt

Titel

Titel/Objekt
"Eine lustige Dorfgeschichte"
Weitere Titel/Paralleltitel
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Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Grafik

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Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES

Objektbeschreibung

Maß-/Formatangaben

Auflage/Druckzustand

Werktitel/Werkverzeichnis

Herstellung/Entstehung

Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Watter, Joseph
Entstehungsort (GND)
München

Auftrag

Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Bierkrug
Betrunkener
Bier <Motiv>
Erste Liebe
Junger Mann <Motiv>
Karikatur
Liebe <Motiv>
Eifersucht <Motiv>
Junge Frau <Motiv>
Kellnerin <Motiv>
Gaststätte
Satirische Zeitschrift

Literaturangabe

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Fliegende Blätter, 56.1872, Nr. 1402, S. 170

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