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Die Hauptkirche Beatae Mariae Virginis in Wolfenbüttel — Forschungen der Denkmalpflege in Niedersachsen, Band 4: Hameln: Verlag C.W. Niemeyer, 1987

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ZU BAU UND ENTWURF


34 Südportal der Halle.


35 Turm- und Hauptportal.

bälk zeigt, sondern es — regelwidrig — in seinen
eigenen Aufbau hineinwachsen läßt. Abermals
wird zwischen Pfeiler-Bogen-Grund und Säulen-
Gebälk-Rahmen vermittelt und zugleich der Über-
gang in den Aufbau des riesigen Supraportenfen-
sters eingeleitet. Denn Schlußstein und Giebel be-
zeichnen nicht nur die Standachse des Ganzen,
sondern unterstützen und übergreifen auch noch
das Attika-Postament, mit dem das Lanzett-Rah-
men-Fenster aus der Portalarchitektur heraus-
wächst.
Weniger komplex ist das nach dem im Norden
34 vorgegebenen Muster gezeichnete Südportal orga-
nisiert. Es „fehlen“ z.B. die für das Vermitteln der
Einheiten so wichtigen Säulen-Nischen. Während
dort die nach klassisch-italienischen Mustern ange-
legte und in Form der niederländischen bzw. süd-
deutschen Renaissance (Figuren- und „Beschlag“-
Werk) realisierte Portalarchitektur nicht zuletzt
wegen ihrer sorgfältigen Abstimmung aller Teile
auf ein nächstes Ganzes, ihrer Proportionen also,
zu schätzen war, simplifiziert das Südportal, was
sich am Nordportal bis in Einzelheiten als zwar
kompliziert und auch „schwierig“, nie aber als zu
groß oder zu klein und folglich maßlos erwiesen
hatte.
Anders als den Langseitenportalen scheint dem
35 Turm- und Hauptportal die einheitliche Front
eines allen Gliedern gemeinsamen Kern- und
Grundkörpers zu fehlen. Dies fällt besonders dann
auf, wenn man den „Standort“ des auch hier zur
Supraporte errklärten Lanzett-Rahmen-Fensters

des Turmes aujdem Haupt- und Eingangsgeschoß
der Portalanlage und hinter seinem Mittelaufbau
sucht; er wird nicht gezeigt. Stattdessen schichtet
sich die Architektur aus der Höhlung des schlicht
und rechtwinklig eingeschnittenen Portalbogens in
Stufen vor und zugleich hinauf. Sie stellt sich weni-
ger unter das Fenster und in die Wand, als daß sie
den Eingang mehrfach und prangend rahmt, faßt
und überhöht. Statt lastender Gebälk- und Attika-
blöcke, unter die sich der Eingang zu ducken hat,
nimmt die dominierende, suggestive Stufenfolge
der konzentrischen Portalbogen nicht nur das von
Postamentsäulen gestützte Gebälk mit in seinen
Aufschwung und in die Höhe; sie durchstößt sogar
den Attikaaufsatz, der damit jedes Gewicht ver-
liert, und erreicht mit ihrem höchsten Bogenschei-
tel den Fuß der ursprünglich für diesen Ort vorge-
sehenen Standfigur des Bauherren, Herzog Hein-
rich Julius. Jetzt sind dort, auch aus konstruktiven
Gründen (Setzungsschäden), zusätzliche Stützen
und anstelle des Standbildes ein Inschrift-Medail-
lon angeordnet: Der zweite Bauherr Friedrich Ul-
rich war nach dem Tod Heinrich Julius’ (1613) zu
bedenken, das Figurenprogramm entsprechend
umzustellen.
Trotz seiner so ganz anderen Erscheinung ist
auch dieses Portal im Sinne jener Anlageschemata
entworfen, die für die Langseitenportale bestim-
mend wurden; ähnlich ist es eingebaut. Verdoppe-
lungen, Verschiebungen und Umformungen lassen
jedoch ein ganz anderes Bild entstehen. Die den
Portalbogen flankierenden Nischen und die „auf

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