Hermann Oertel
Die biblischen Gemälde
in der Hauptkirche Beatae Mariae Virginis
Die evangelisch-lutherische Kirche hat in der
Zeit vom 16. bis 18. Jahrhundert ihre Gotteshäuser
reich, oft überreich mit biblischen Historien zum
Alten und zum Neuen Testament und mit den
Bildnissen der wichtigsten Träger der Heilsge-
schichte, vor allem der Propheten, der Apostel und
der Evangelisten geschmückt. Sie setzt damit die
Tradition der mehr als tausendjährigen christlichen
Kunst fort, läßt auch den Evangelisten und
Aposteln ihre bisherigen Attribute und gibt nur die
Darstellung der Heiligen und deren Legenden,
aber auch der Legenden der Apostel auf. Die Cra-
nachwerkstatt in Wittenberg hat zwar in den Jahr-
zehnten der Reformation unter den Augen Luthers
eine eigene, didaktisch eingestellte protestantische
Ikonographie entwickelt, aber diese blieb an die
Cranachschule gebunden und starb mit ihr am
Ende des 16. Jahrhunderts aus. Die Kunst des deut-
schen Protestantismus im 17. und 18. Jahrhundert,
selbst arm an schöpferischen Begabungen, orien-
tierte sich weitgehend an der zeitgenössischen
Kunst. Sie läßt sich von der religiösen Graphik der
Niederländer und von den biblischen Gemälden
der katholisch gebliebenen Flamen, Süddeutschen
und Italiener anregen und folgt dem damals selbst-
verständlichen Brauch, das Vorbild unverändert zu
übernehmen.
Die hier vorgelegte Betrachtung der biblischen
Gemälde in der Marienkirche zu Wolfenbüttel be-
schränkt sich auf die Bildnisse der Propheten und
der Apostel, auf die drei Gemälde „Die vier Evan-
gelisten, die Beweinung, die Allegorie auf Sünde
und Erlösung“ und auf die Serie der Passionsbilder.
Sie übernimmt die bisherigen Ergebnisse der wis-
senschaftlichen Forschung, deren Fundstellen in
den Anmerkungen zitiert sind, und stellt sich selbst
nur die Aufgabe, die Bildaussage zu verdeutlichen,
Hinweise auf die Geschichte der Bildthemen zu ge-
ben und deren heute meist nicht mehr bekannten
biblischen Grundlagen aufzuzeigen.
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Die biblischen Gemälde
in der Hauptkirche Beatae Mariae Virginis
Die evangelisch-lutherische Kirche hat in der
Zeit vom 16. bis 18. Jahrhundert ihre Gotteshäuser
reich, oft überreich mit biblischen Historien zum
Alten und zum Neuen Testament und mit den
Bildnissen der wichtigsten Träger der Heilsge-
schichte, vor allem der Propheten, der Apostel und
der Evangelisten geschmückt. Sie setzt damit die
Tradition der mehr als tausendjährigen christlichen
Kunst fort, läßt auch den Evangelisten und
Aposteln ihre bisherigen Attribute und gibt nur die
Darstellung der Heiligen und deren Legenden,
aber auch der Legenden der Apostel auf. Die Cra-
nachwerkstatt in Wittenberg hat zwar in den Jahr-
zehnten der Reformation unter den Augen Luthers
eine eigene, didaktisch eingestellte protestantische
Ikonographie entwickelt, aber diese blieb an die
Cranachschule gebunden und starb mit ihr am
Ende des 16. Jahrhunderts aus. Die Kunst des deut-
schen Protestantismus im 17. und 18. Jahrhundert,
selbst arm an schöpferischen Begabungen, orien-
tierte sich weitgehend an der zeitgenössischen
Kunst. Sie läßt sich von der religiösen Graphik der
Niederländer und von den biblischen Gemälden
der katholisch gebliebenen Flamen, Süddeutschen
und Italiener anregen und folgt dem damals selbst-
verständlichen Brauch, das Vorbild unverändert zu
übernehmen.
Die hier vorgelegte Betrachtung der biblischen
Gemälde in der Marienkirche zu Wolfenbüttel be-
schränkt sich auf die Bildnisse der Propheten und
der Apostel, auf die drei Gemälde „Die vier Evan-
gelisten, die Beweinung, die Allegorie auf Sünde
und Erlösung“ und auf die Serie der Passionsbilder.
Sie übernimmt die bisherigen Ergebnisse der wis-
senschaftlichen Forschung, deren Fundstellen in
den Anmerkungen zitiert sind, und stellt sich selbst
nur die Aufgabe, die Bildaussage zu verdeutlichen,
Hinweise auf die Geschichte der Bildthemen zu ge-
ben und deren heute meist nicht mehr bekannten
biblischen Grundlagen aufzuzeigen.
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