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Die Hauptkirche Beatae Mariae Virginis in Wolfenbüttel — Forschungen der Denkmalpflege in Niedersachsen, Band 4: Hameln: Verlag C.W. Niemeyer, 1987

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Mechthild Wiswe

Die Särge im jüngeren herzoglichen Grabgewölbe
der Hauptkirche Beatae Mariae Virginis

Einführung
Als „Hauptkirche“ des Fürstentums Wolfenbüt-
tel im Herzogtum Braunschweig-Lüneburg wurde
Beatae Mariae Virginis (St. Marien) von vornherein
dazu bestimmt, die Grabstätten der hier regieren-
den Linie des Weifenhauses aufzunehmen. Erst mit
der Verlegung der Residenz nach Braunschweig im
18. Jahrhundert ging diese Aufgabe grundsätzlich
an den dortigen St. Blasiusdom über. St. Marien er-
hielt zur Aufnahme der fürstlichen Leichname
zwei unterirdische Gewölbe. Infolge des sumpfi-
gen Untergrundes wurden diese durch Feuchtig-
keit und häufiges Hochwasser wiederholt stark be-
schädigt. Das gilt auch für die hier aufgestellten
Särge. Zweifellos deswegen wurde das sogenannte
„ältere“ Gewölbe, das die Särge zwischen 1553 und
1606 verstorbener Fürstlichkeiten birgt, bereits
1654 auf Veranlassung von Herzog August dem
Jüngeren durch Vermauerung geschlossen.1’ Es ist
seitdem einige Male zu Studienzwecken geöffnet
worden, zuletzt im Zusammenhang mit der kürz-
lich abgeschlossenen Kirchenrestaurierung. Im
67 Mai 1887 bereits hatten Theodor Voges und Paul
Zimmermann bei einer Begehung zehn Abzeich-
nungen von Monogrammen und Wappen angefer-
tigt, die sie an den damals bereits stark zerstörten
70 Särgen in diesem „älteren“ Gewölbe vorgefunden
hatten.2’
Das „jüngere“ Gewölbe dagegen, in dem zwi-
schen 1613 und 1767 bestattet worden ist, ist stets
zugänglich geblieben. Nur seinen Särgen gilt die
hier vorgelegte Studie. Diese sind durch Wasser-
schäden mehr oder minder stark in Mitleidenschaft
gezogen worden. Mehrere — zum Teil nicht sach-
gerecht ausgeführte — ältere Reparaturen haben
nur die schwersten Mängel mindern können.3’ Eine
Restaurierung dieser kunsthistorisch wertvollen
Särge ist ein dringendes Desiderat.
Im „jüngeren“ Gewölbe von St. Marien sind seit
175 1613 in einem Zeitraum von 154 Jahren 30 Perso-

nen bestattet worden, darunter 26 Mitglieder des
Herrscherhauses aus vier Generationen sowie drei
weitere fürstliche Personen, die durch eingeheira-
tete Frauen in ein verwandtschaftliches Verhältnis
zum Weifenhaus gekommen waren. Als erster fand
hier Herzog Heinrich Julius seine letzte Ruhestätte
(beigesetzt am 4.10. 1613), als letzte 1767 Elisabeth
Sophie, die dritte Gemahlin Herzog August Wil-
helms, der hier bereits 1731 beigesetzt worden war.
In der Gruft befinden sich zwei große Sarko-
phage aus gelblichem Sandstein, drei Holzsärge,
von denen zumindest der eine im 19. Jahrhundert
vollständig erneuert ist, sowie 24 Metallsärge,
überwiegend zinnerne.4’ Herzog Anton Ulrich
und seine Gemahlin Elisabeth Sophie von Hol-
stein-Norburg sind in einem zinnernen Doppel- 178
sarg bestattet (Dokumentation 8/9). Im übrigen
handelt es sich um Einzelsärge.
Die Aufstellung im Gewölbe folgt keineswegs
der Chronologie. Vielmehr scheint es, daß Särge
zunächst vor der Ostwand aufgestellt wurden,
dann vor der Westwand. Anschließend wurden
offenbar die noch freien Flächen besetzt.
In einer Reihe von Publikationen, die bis in das
17. Jahrhundert zurückreichen, sind wohl Namen
und Lebensdaten der in diesen Särgen Bestatteten
verzeichnet, mitunter ergänzt durch biographische
und genealogische Angaben.5) Indes fehlen Hin-
weise auf das Inschriften- und auf das Bildpro-
gramm, auf die künstlerische und die handwerk-
liche Gestaltung sowie auf Vorbilder und auf betei-
ligte Künstler und Handwerker. Einige Angaben
dazu enthalten die im Niedersächsischen Staats-
archiv Wolfenbüttel überlieferten Kammerrech-
nungen sowie die Beilagen dazu,6’ die für diese Stu-
die erstmals unter diesem Aspekt ausgewertet wor-
den sind.
Der Verstorbene wurde zunächst in einen Holz-
sarg gebettet, der — kostbar dekoriert — auch der
öffentlichen Aufbahrung und der in der Regel

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