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Die Hauptkirche Beatae Mariae Virginis in Wolfenbüttel — Forschungen der Denkmalpflege in Niedersachsen, Band 4: Hameln: Verlag C.W. Niemeyer, 1987

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ROLF-JÜRGEN GROTE/HERMANN KÜHR
Das 12te Capitel
Von den ausgemauerten Grabstäten in der Kirche
§ 1. Um den Pfeilern und an der Kirch-Mauer wie auch
mitten im Platze, befinden sich unterschiedliche ausge-
mauerte Grab-Stellen; wovon einige gleich bey der
neuen Aufführung des Heinrichstädtschen Kirchen-Ge-
bäues, die meisten aber, oder doch die grössesten, nach-
her beym Unterfahren der Pfeiler und Mauer bereitet
worden.
§ 2. Zu jenen gehöret vornehmlich das Fürstl. Begräb-
nis-Gewölbe unter dem hohen Chor, darnach das Rau-
tenbergische bey der Cantzel gegen Süden, das Stein-
bergische Mitten im platze unter der Meßings-Crone,
und vielleicht noch einige andere.
§ 3. Zu diesen aber werden gerechnet das Hardkeni-
sche und Ziegenhirtische, imgleichen die beeden großen
Kirchen-Gewölber gegen Süden und Norden, mehrerer
vor ietzo zu geschweigen; weil man vor selbigen allen
unten im Corp. Bonor. Lib. 3. Cap. ausführlich handeln
muß.
§ 4. Die Kosten zu dem Ausmauren obgedachter Be-
gräbniß-Stellen findet man in keinem eintzigen K: Regi-
ster angegeben noch besonders gesetzt. Selbst der seel.
Herr Registrator Möller, welcher in den Quitungen die
Ausgaben, so an. 1695 und 1696. auf die neu-gewölbten
Grabstätte gegangen, löblich allein gebracht, hat doch in
seinen Registern diese mit den Pfeiler-Bau-Kosten wie-
der vermenget.
§ 5. Ob man nun wohl aus den Möllerschen Registern
wegen der zu seiner Zeit gemauerten Begräbniße kein ge-
wißes Facit ziehen kan; so ergeben doch deßen Quitun-
gen: daß die beym letzten Pfeiler-Bau an. 1693. bis 1697.
verfertigte Begräbniß-Gewölber um den vier Haupt-
Pfeilern und unter den Quer-Stühlen überhaupt 212. thlr
gekostet. Allein wie viele Grab-Stellen dafür ausgemau-
ert worden? hat dem Herrn Möller nicht zu melden be-
liebet.
Siehe Begräbniß-Bau-Kosten, n. 1—25.
§ 6. Zwar will man keines weges diejenigen eines
Haupt Versehens beschuldigen, welche die Kosten we-
gen ausgemauerter Grabstäten nicht allein, oder von
andern Bauausgaben abgesondert berechnet; iedoch
wäre es eben nicht überflüssig, sonderlich aber gar fein
und löbl. gewesen: die Größe, Lage, und andere den
Nachkommen zu wißen nöthige Umstände von den neu-
erbaueten Gewölben angemercket zu haben; weil man
zu selbigen so gar selten gelangen, und wie es damit
beschaffen? oder was für Raum darinn vorhanden? nicht
allmal, wenn man will und soll, hinlänglich erforschen
kan.
§ 7. Es erfordert demnach die Nothdurfft und der
Nutzen, wann dereinsten die nördliche Kirchen-Mauer
unterfahren wird, und man an selbiger theils einige neue
Begräbniß-Stellen zu verfertigen, theils das große Kir-
chen-Gewölbe völlig auszumauern, wegen des für die
Kirche daraus fließenden Nutzens sich entschließen
dürfte; daß so dann von iedem Gewölbe eine genaue Be-
schreibung gemacht, und wie viel Leichen darin stehen
können? gründlich bemercket; imgleichen, wo der Ein-
gang dazu zufinden? und wer etwann schon in denselben
beygesetzt? theils in einem deutlichen Abriße theils in
angefügter Erklärung gemeldet; alles aber zu der Rubric:
Begräbniße in der Heinrichstädtschen Kirche, gebracht
werde.
§ 8. Nach diesem wird die Kirche wegen auszumau-
render Grab-Stellen nicht leicht weder große Unkosten

noch sonderliche Gelegenheit mehr zu gewarten haben.
Sollte ja ein und ander im Mittel-Platze, oder wo Raum
dazu in der Kirche übrich, ein eigenes Erb-Begräbniß
künftig verlangen? Kommt solches auf einen Vergleich
an: welcher nicht nur die Kosten zum Ausmauren der
Kirchen entladen; sondern ihr auch noch dazu dasjenige,
was die Fürstl. Verordnung und Billigkeit erfordern, für
die überlaßene Stelle einbringen muß.
Das 13te Capitel.
Von dem Pflaster der Kirche.
§ 1. 1. Die ausgemauerten Gewölbe und andere un-
gemauerte, theils schon erfülte, theils noch ledige Be-
gräbnis-Stellen siehet man oben über mit Leichen- und
Pflaster-Steinen bedecket.
2. Jene, die Leichen-Steine, sind wegen des vielen Bau-
ens und unterfahrens dergestalt verrückt: daß gar wenig
mehr von denen, so darauf stehen, unter selbigen ruhen;
ja so gar viele Steine allda liegen, wo kein Todter sondern
ein lediger Raum vorhanden. Von diesen den Pflaster-
Steinen aber haben wir gegenwärtig zu handeln im fol-
genden:
§ 2. 1. Wie der Bau dieser Kirche, so ist auch die Be-
pflasterung ihres Boden nicht mit eins geschehen. An.
1628. zu Ausgange des Jahrs muste wegen einer Fürstl.
Leiche das Chor aus gepflastert und unterschiedliche
Pflaster-Steine in das Fürstl. Gewölbe selbst geleget wer-
den.
2. Die Steine und Bepflasterungs-Kosten bezahlte die
Kirche; die Fuhren aber geschahen meistentheils auf Be-
gehren und Ersuchen des damaligen Landes Fürsten von
andern, ohne Last der Kirche.
§ 3. Was obgedachte Auspflasterung des hohen Chors
eigentlich gekostet, weiß man nicht. Nur so viel ergiebet
das Kirchen Register an. 1626. f: 45. 56. u. 59. das auf
Pflaster-Steine verunkostet worden
38 f 14 g oder 21 thlr 18 g
Und anderswo wird gemeldet: daß an 1627.
an Henn: Domeland auf etliche Pflaster-
Steine, so er der Kirch liefern sollen,
gezahlet seyn 20 „ - „
Wäre nur allein für Pflaster-Steine 41 thlr 18 g
§ 4. Nachher ist die Kirche weiter aus gepflastert und
sind die hierzu gebrauchte aber eine Zeitlang unbezahlt
gebliebene Pflaster-Steine in den Jahren 1638. und 1639.
mit 27 f 4 g oder 15 thlr 4 g berichtiget worden. Selbige
berühren die K :Register ietztbenannter Jahre, außer dem
haben sie keine andere Umstände. Danebst berechnet
auch Berend Bockeimann an einem Orte, daß er ohnge-
fehr an. 1636. zum Bepflastern 4 thlr 27 g ausgegeben.
§ 5. 1. A9 1641. währender Belagerung war das Pfla-
ster in der neuen und Gptteslagerschen Kirche durch
eine hohe Waßer Fluth verdorben. Zu deßen Ergäntzung
geschähe im Novembr gedachten 1641sten Jahrs eine Col-
lecte, welche 49 thlr 13 g 4 d einbrachte.
2. Von solcher wurden sofort die benöthigten Unko-
sten auf Maurer, Handlanger und Sand abgeführet, mit-
hin das verdorbene Kirchen-Pflaster noch vor dem Aus-
gange obgedachten Jahrs wieder gefertiget und verbe-
ßert.
§ 6. Ein gleiches geschähe im Febr. an. 1642. mit der
Gotteslagerschen Kirche, die zur reparirung ihres von
Waßer zernichteten Pflasters aus vorberührter Heinrich-
städtschen Collecte 11 thlr 10 g 4 d empfangen. Was sie
aber darüber von nöthen gehabt, ist im Gotteslager selbst
gesamlet worden.

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