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Nováček, Jan; Scheelen-Nováček, Kristina; Schultz, Michael; Bjørnstad, Gro; Steskal, Martin; Österreichische Akademie der Wissenschaften / Verlag [Hrsg.]; Österreichisches Archäologisches Institut [Mitarb.]
Das Grabhaus 1/08 in der Hafennekropole von Ephesos: Ergebnisse der anthropologischen und paläopathologischen Untersuchung kaiserzeitlich-spätantiker Kollektivgräber — Forschungen in Ephesos, Band 16,1: Wien: Verlag der österreichischen Akademie der Wissenschaften, 2020

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https://doi.org/10.11588/diglit.53060#0020
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3.4 Körperhöhenbestimmung

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wurde sie lediglich in den Fällen verwendet, in denen die makroskopische Untersuchung allein
keine aussagekräftigen Ergebnisse lieferte (z. B. bei unvollständigen, nicht messbaren Kno-
chen). Die Beprobung der Langknochen erfolgte im österreichischen Grabungshaus in Selguk.
Nach dem Export der Proben durch das ÖAI wurden Knochendünnschliffpräparate gefertigt;
entsprechend der Methode von Schultz - Brandt (Schultz 1988a; Schultz - Drommer 1983). Die
Altersschätzung basiert auf der histomorphologischen Auswertung der Knochenbinnenstruktur,
die anhand von Langknochen von Individuen mit bekanntem Sterbealter entwickelt wurde (Hum-
mel - Schutkowski 1993; Großkopf 2004; Noväcek 2012). Zur Kontrolle der Ergebnisse und zur
Überprüfung, ob es sich nicht gegebenenfalls um diskret pathologisch veränderte Knochenmi-
krostruktur handelt, fand die histomorphometrische Altersbestimmung nach Kerley (1965) und
Kerley - Ubelaker (1978) Anwendung. Diese Methodenkombination erreicht eine zuverlässige,
sehr präzise Einschätzung des biologischen Lebensalters eines Individuums, unabhängig von
der Gesamtüberlieferung des Skeletts und lediglich teilweise durch die Erhaltung der Kno-
chenoberflächen beeinflusst (Noväcek 2012). Die Auswertung der Altersstruktur der Population
(Kap. 5.2.1) und der Paläodemografie (Kap. 5.2.2) erfolgte auf Basis der kombinierten makros-
kopischen sowie mikroskopischen Lebensaltersbestimmung. Der Vergleich und die Deutung der
Unterschiede beider Vorgehensweisen werden diskutiert (Kap. 5.2.3).
3.3 GESCHLECHTSBESTIMMUNG
Für die Geschlechtsbestimmung der Erwachsenenskelette wurden überwiegend - wenn vorlie-
gend - makroskopische Merkmale des Schädels und des Beckens verwendet (Acsädi -Nemeskeri
1970; Ferembach et al. 1979; Phenice 1969; Szilvässy 1988; Stloukal et al. 1999; Rösing et al.
2007). Zusätzlich zur morphologischen Beurteilung fanden die Langknochenuntersuchung nach
Cerny - Komenda (1980), die Längenmessung des Os pubis und Os ischii nach Herrmann et al.
(1990), die metrische Untersuchung des Talus nach Steele (1976) und Novotny (1985) sowie die
metrische Untersuchung des Femurs nach Cerny (1971) Anwendung. Auch die Geschlechtsschät-
zung an Kinderskeletten mithilfe des Unterkiefers und des Beckens nach Schutkowski (1993)
wurde vorgenommen. Für die statistische Auswertung wurde sie jedoch nicht verwendet, da die
Ergebnisse lediglich Tendenzen angeben und gerade im Zusammenhang mit der Epidemiologie
der Krankheiten gegebenenfalls irreführend wirken könnten.
3.4 KÖRPERHÖHENBESTIMMUNG
Die Bestimmung der Körperhöhe aufgrund der Länge einzelner Knochen muss mit Vorsicht und
Bedacht eingesetzt werden. Die Körpergröße des Menschen ist ein nicht stabiles und veränder-
liches Maß. Allein während des Tages vermindert sie sich, bedingt durch Wasserverlust in den
Bandscheiben, um durchschnittlich 1 % (1,5-2 cm), wird aber während der Ruhephasen (Schlaf)
jedoch in der Regel wieder auf das ursprüngliche Niveau aufgefüllt11. Im Laufe des Lebens erfolgt
im höheren Alter ein Körperhöhenverlust, der auf die irreversible Verminderung der Höhe der
Bandscheiben, des Öfteren aber auch auf die Verminderung der Wirbelkörperhöhen (z. B. kleine
Ermüdungsfrakturen in der Spongiosa der Wirbelkörper) zurückzuführen ist. Aus diesem Grunde
kann selbst bei einem lebenden Menschen die Körpergröße kaum als absolute Zahl angegeben
werden; bei skelettierten menschlichen Überresten gilt dies umso mehr. Die wahrscheinliche Kör-
perhöhe kann lediglich als Spanne mit einem Mindest- und einem Höchstwert angegeben werde,
jeweils mit einer Reserve für mögliche Abweichungen. Ein weiteres Problem, das bei lebenden
Menschen keine Rolle spielt, ist die Übertragbarkeit der Methoden der Körperhöhenbestimmung.
Bei einem lebenden Menschen kann der Körper komplett gemessen werden, bei einem Skelett
muss jedoch von einzelnen Knochen ausgegangen werden, die zu einander unterschiedliche

s. z. B. Schänke - Schulte - Schumacher 2005, 93.
 
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