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JAN VAN EYCK

wie er malte, bei den früher gebräuchlichen Mitteln keine Befriedi-
gung fand. Das Suchen nach neuen Malverfahren wurde angeregt
und orientiert durch Beobachtung, Phantasie und Gestaltungs-
willen.
Wenngleich die Zeit und das Volk Anteil haben an dieser Errungen-
schaft, könnte die natürliche Vorliebe für Heroen sich hier betätigen,
wenn nicht statt gmgr Persönlichkeit zwei mit einer Leistung Anspruch
auf Ruhm erheben würden, nämlich Hubert und Jan. Ist das Genie
selten, so hören wir nach der Wahrscheinlichkeitsrechnung ungläubig
die Kunde, ein Elternpaar habe zwei geniale Söhne hervorgebracht.
Überall, wo Brüder sich zu einer Schöpfung vereinigen, betrachten
wir von vornherein den Einen mißtrauisch als einen abhängigen
Gehilfen. Das glückliche Zusammenarbeiten tüchtiger Kräfte ist vor-
stellbar, das Genie aber betätigt sich herrschend oder abstoßend.
Dieses schwer zu überwindende Vorurteil reizt den Historiker immer
wieder, mit der Legende von zwei Begründern der niederländischen
Malkunst aufzuräumen.
Aid Der Genter Altar trägt eine Inschrift, die zu deutsch also lautet:
Der Maler Hubert van Eyck, der von Niemandem übertroffen
wurde (maior quo nemo repertus) begann das Werk. Johannes
in der Kunst der zweite vollendete es auf den Wunsch des Jodo-
cus Vyd im Jahre 1432 am 16. Mai.
Dieser Text, der nicht in allen Punkten einwandfrei erhalten ist,
stellt fast ebenso viele Fragen, wie er beantwortet.
Ist die Rangordnung der Brüder einfach aufzunehmen? Ist sie als
fromme Lüge oder bescheidene Selbsttäuschung des jüngeren Bruders,
der die Inschrift feststellte, zu betrachten? Glaubhaft bleibt, daß
Hubert den Genter Altar, der um 1420 in der Anlage allen Altar-
schmuck in den Niederlanden an Umfang und inhaltlichem Reichtum
überragte, unternommen hat. Besäßen wir nichts als den Genter Altar,
so würden wir uns unbedenklich an die Rangordnung der Inschrift
halten und in Jan van Eyck einen Mitarbeiter, Schüler und Nachah-
mer seines älteren Bruders sehen. Wir besitzen aber außer dem Genter
Altar Schöpfungen Jans, von ihm allein, nach dem Tode Huberts
(1426) ausgeführte, unzweideutig mit seinem Namen bezeichnete
Werke, Andachtstafeln und Bildnisse, wie die Altartafel des van der ^
16) 26 Paele von 1436 und das Arnolüni-Paar von 1434. Im Angesicht dieser
Arbeiten Jans wird es schwer, die Rangordnung der Genter Inschrift
aufrechtzuerhalten. Mittel und Zweck erscheinen hier in vollkomme-
ner Harmonie. Das Instrument ist so geführt, wie nur der es fuhrt,
 
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