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JAN VAN EYCK

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der es sich geschaffen hat. Und dieses Können sollte ererbt, nicht
erworben sein?
Die Schalen der Wage stehen etwa gleich. In die Schale Huberts
fällt außer der Erstgeburt der Superlativ der Genter Inschrift, in Jans
Schale dagegen die sich immer erneuende Wirkung seiner Bilder und
mit schwächerem Gewicht sein Ruhm in alter Zeit — Huberts Name
war fast vergessen.
Selbstbewußt ist die Kritik vor den Genter Altar getreten, über-
zeugt, daß Stilanalyse alle Fragen lösen könnte. Der vielgliedrige Altar
hat aber jedem Beobachter eine andere Antwort gegeben.
Man hat mit allen möglichen Argumentationen den Anteil Huberts
von dem Anteil Jans gesondert. Es lohnt sich nicht, die Ergebnisse
nebeneinander zu stellen. Nur Dvoräks Aufteilung (im 24. Bande des
österreichischen Jahrbuchs) führt zu einem, wenn nicht richtigen, so
doch prinzipiell befriedigenden Resultat. Die Vertreter zweier Gene-
rationen, zweier Kunststufen werden im Genter Altar aufgezeigt, oder,
falls dieses Ziel nicht erreicht ist, die Tendenz der Analyse ist wenig-
stens sinnreich. Hubert erscheint in der ernstlichen und ausführlichen
Darlegung des Wiener Gelehrten als ein Meister der älteren Genera-
tion, der von dem jetzt Sichtbaren die drei Hauptfiguren der oberen
Reihe und etwa die Hälfte der Mitteltafel unten fertig gestellt hat.
Dvorak bemüht sich zu demonstrieren, daß diese Teile fundamental
anders konzipiert seien als das Übrige, daß sie nicht Anteil hätten an
der spezifisch Eyckschen Errungenschaft. Jan erst tat den entscheiden-
den Schritt. Dvorak nimmt konsequent alle Eyckschen Gemälde, auch
die nicht signierten, abgesehen vom Genter Altar, für Jan in Anspruch.
Huberts Erscheinung versinkt bei dieser Auslegung, taucht in das
allgemeine Dunkel der voreyckischen Handwerksübung unter.
Dvoräks Auffassung ist nicht die allgemeine geworden. Immer wie-
der hat man versucht, Hubert als eine gleichwertige Persönlichkeit
neben Jan zu stellen. Selbst die Idee, Jans Kunst leuchte wie der
Mond, nur mit dem Lichte der untergegangenen Hubertschen Kunst:
selbst diese Idee lebt weiter.
Jans beglaubigte Werke in Verbindung mit Notizen über ihn, die
aus Archiven zutage getreten sind, bieten ein leidlich geschlossenes
Bild. Wir finden den Maler im Fürstendienste zuerst bei Jan von
Holland (1422) und gleich nach dem Tode dieses Herrn bei Philipp
von Burgund. Die kriegerischen und prunkliebenden Herrschaften
jener Tage beschränkten ihren Luxus und ihre Kunstliebe auf leicht
transportable Dinge, auf edle Stoffe, Schmuckstücke und Bücher. Sie
 
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