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ROGIER VAN DER WEYDEN

se auf den Lehrer zurückgewirkt habe, darf um so eher gerechnet wer-
den, wie er nicht im gewöhnlichen Lehrlingsalter, sondern 30jährig
und vielleicht nach Ausbildung im väterlichen Bildhaueratelier bei
Robert Campin arbeitete,^ und wie seiner Natur Willensstärke und
Herrschgewalt eigen waren.
Es gibt ein Motiv, das im Werle-Altar des Flemalle-Meisters und
in Rogiers Marien-Altar vorkommt, so daß Entlehnung angenommen
werden muß. Die Armbewegung und Handhaltung des der Mutter
erscheinenden Heilandes in dem Teil des Altares von Granada, der
30 zur Zeit im Besitze der Herrn Duveen Brothers ist,s sind ähnlich der
4P Armbewegung und der Handhaltung des Täufers im Stifterflügel des
Werle-Altars. In Rogiers Verwendung ist die Bewegung sinnvoll aus
der Situation geboren, nicht so in des Flemalle-Meisters Gestaltung.
Der Täufer steht hinter dem knienden Stifter, empfiehlt und präsen-
tiert den Donator — ein übliches Motiv, das hier in unüblicher Weise
abgewandelt ist. Bewegung und Gesten des Täufers sind nicht recht
verständlich. Die Folgerung, in diesem Falle wäre der Flemalle-Meister
der Nehmende, ist öfters gezogen worden. Wertvoll wäre die Fest-
legung des Terminus ante quem (1438) für den Marien-Altard
Zur Datierung des Marien-Altares öffnen sich andre Wege, die
freilich im Verlaufe schwer gangbar werden. Die Berliner Galerie
besitzt eine genaue Wiederholung des Marien-Altares von Granada,
49 die in Hinsicht auf Qualität und Zustand seltsam verschieden beur-
teilt, bald als Original gefeiert, bald als Fälschung oder als übermalt
abgelehnt worden ist. Seitdem das Exemplar in Granada bekannt ist,
schiebt man die Berliner Replik als etwas Gleichgültiges beiseite. Der
Altar in Berlin ist ungewöhnlich gut erhalten, steht in einigen Zügen
dem Werke von Granada nach, kann aber schwerlich etwas anderes
sein als eine überaus sorgfältige und vortrefflich gelungene Werk-
stattreplik.
Zu Miraßores bei Burgos befand sich, wie Ponz 1793 berichtet, ein
angeblich 1445 gestifteter Marien-Altar, dessen Beschreibung unzwei-
deutig auf das in zwei Exemplaren erhaltenen Werk paßt. Martin V.
2 Neuere Forschungen haben ergeben, daß Rogiers Vater nicht, wie man lange ge-
glaubt hatte, der Bildhauer Henri van der Weyden, sondern der Messerschmied-
Henry de la Pasture zu Tournay war. Siehe auch Friedländer, DM a^MM^rlündüc/M
XIV, 1937, S. 81.
s Jetzt im Metropolitan Museum, New York.
4 Friedländer glaubt nicht mehr (DM Malern, XIV, 1937, S. 84),
daß aus der Geste Christi Schlüsse auf die Datierung des New Yorker Bildes ge-
zogen werden können, und datiert dieses jetzt zwischen 1440 und 1445. Siehe auch
Friedländer, DM allHM^dändhc/M II, 1924, S. 1614.
 
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