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HIERONYMUS BOSCH

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Der Heilige ist für Bosch zunächst ein Wesen, das versucht, vom
Teufel angegriffen und verhöhnt wird. Die berühmte, oft kopierte Ver-
suchung des hl. Antonius, ein Flügelaltar, wird in Portugal bewahrt.
Einzeltafeln mit Antonius werden im Prado und in Berlin gezeigt.
In dem rein erhaltenen Bilde zu Madrid sitzt der Heilige zusammen-
gekauert vorn und starrt, Visionen hingegeben, in die Weite, während
der höllische Heerbann mit raffiniert erdachten Kriegsmaschinen
heranrückt. Freilich ist hier wie in dem ähnlichen Berliner Bilde das
Teufelszeug so klein im Maßstab, daß der Angriff mehr ungezieferhaft
peinigend als bedrohlich erscheint.
Selbst Johannes, der schreibend auf Patmos sitzt und aufwärts 739
schaut, dem ein Engel erscheint und oben im Himmel die Madonna,
selbst er bleibt nicht verschont. Ein Teufelchen mit Insektenkörper
drückt sich gegen die Felsbank, unbemerkt von dem Evangelisten,
wie ein höllischer Spion. Diese Tafel, auf deren Rückseite einfarbig
ßüchtig, in großem Zuge, die ganze Passion Christi dargestellt ist,
befindet sich im Kaiser-Friedrich-Museum zu Berlin.
Eines der beiden arg beschädigten, echten Triptychen in den k. k.
Hofmuseen zeigt in der Mitte den hl. Hieronymus, auf den Flügeln
die Heiligen Ägidius und Antonius. In dem zweiten Wiener Flügel-
altar ist das Martyrium der heiligen Julia geschildert.^ Das Center
Museum besitzt seit kurzem eine Tafel mit dem seltsam eindrucksvoll
in seiner Bußübung der Länge nach am Boden liegenden Hieronymus. 7.%
Die Fauna und Flora hat hier ein heimtückisches Aussehen, sodaß
Teufelsspuk in irgendwelcher Wandlung überall zu fürchten ist.
Genrehaff aufgefaßt ist das Rundbild mit dem Verlorenen Sohn in 733
der Sammlung Dr. Figdor zu Wien^, über das Glück (Jahrbuch d. pr.
Ksts. XXV) Zutreffendes geäußert hat.
Von den Steinschnittoperationen ist das Exemplar im Prado ein
Original (nicht das in Amsterdam). In solchen Gestaltungen steckt für
unsere Empfindung ein Widerstreit zwischen dem Humor des Vorgangs
und der feierlich knappen Altertümlichkeit der Zeichnung.
Von den drei figurenreichen Hauptstücken im Escurial, den beiden
Triptychen, dem 'Heuwagen', dem 'Garten der Lüste' und der 'Tisch- -M5,137,
platte mit den Todsünden'^ ist verhältnismäßig viel gesprochen wor- 732
den. Justis Beschreibungen dieser Kompositionen im X. Bande des
Jahrbuchs d. pr. Ksts. sind erschöpfend. Von dem 'Heuwagen' ist eine
** Beide Wiener Triptychen sind jetzt im Dogenpalast zu Venedig.
'' jetzt im Museum Boymans zu Rotterdam.
" Der Garten der Lüste und die Tischplatte mit den Todsünden sind jetzt im Prado
zu Madrid.
 
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