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Die Gartenkunst — 14.1912

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Nose, Richard: Soest: eine alte Gartenstadt
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https://doi.org/10.11588/diglit.20815#0041

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XIV, 3

DIE GARTENKUNST.

33

Soest, eine alte Gartenstadt.

Von R. Nose, städt. Garteninspektor, Krefeld.

Das Ziel und die Grundzüge der Gartenstadtbe-
wegung sind heute so sehr Allgemeingut geworden, daß
es sich hier erübrigt näher darauf einzugehen, doch soll
nicht unerwähnt bleiben, daß es fast den Anschein hat,
als werde das Wort „Gartenstadt“ Mode und ein Schlag-
wort für jeden Stadtteil mit Baumreihen in den Straßen
und mit Vorgärten. Wie weit solche Stadtteile vom
Ziel entfernt sind, zeigen die Anfänge der Gartenstädte
wie Hellerau bei Dresden und Margarethenhöhe bei
Essen und andere augenfällig; denn dem meist nur
repräsentativen Vorgarten der Großstadt stellt gerade
die Gartenstadt denjenigen Garten gegenüber, der
gleichzeitig behaglich und wohnlich ist und der auch
so Haus und Straße
schmückt.

Mit den ersten
Anregungen zurGar-
tenstadt kamen auch
die Vorbilder von
England herüber,
aber schon hat man
beim Hausbau diese
Vorbilder verlassen
und angeknüpft an
die jeweilige bürger-
liche Bauweise der
Gegend aus der er-
sten Hälfte des vori-
gen Jahrhunderts.

Auch bei der Pla-
nung der Straßen,

Plätze und Gärten
hat man den glei-
chen Weg betreten,
obgleich dies für die
Gärten noch am we-
nigsten gilt. Dies
mag seinen Grund neben den oft verschiedenen Lebens-
bedürfnissen unserer Zeit vor allem auch darin haben,
daß so wenig Gärten in ursprünglicher Form und Lage
zur Straße auf uns gekommen sind, um sie studieren
zu können und ihre Vorzüge kennen zu lernen. Was
nämlich die Kriegszeiten noch verschont hatten, fiel
in den 70 er und 80 er Jahren dem plötzlichen Aufblühen
der Städte zum Opfer, und nur in Orten, die weitab
liegen vom heutigen Strom des Verkehrs, oder wo
sonst durch besondere Veranlassung nicht jene fieber-
hafte Bautätigkeit einsetzte, finden wir noch Gärten
und Gartenstraßen aus alter Zeit als Reste einer alten
Gartenkultur.

Mit Abbildungen von F. Bauer, Magdeburg.

Es sei hier als Beispiel nur die Gegend am Main
von Aschaffenburg hinauf bis nach Thüringen genannt,
wo in Städten wie Aschaffenburg, Miltenberg, Wert-
heim, Dettelbach, Würzburg und Bamberg außer den
Bauten aus alter Zeit noch mancher gute Garten er-
halten ist, besonders aus der Barockzeit. Aber auch
in den heute noch mehr ländlichen Teil Westfalens
finden wir noch alte Gärten, Straßen und Plätze in
ursprünglicher Schönheit erhalten, so in Paderborn,
Münster und Soest, wenn freilich auch hier die Art
der Gestaltung gegenüber der in den Orten am Main
weit einfacher und ländlicher ist.

Besonders Soest macht heute noch den Eindruck,

als seien die Häuser
in Gärten gebaut,
deren Mauern die
Straßen begrenzen.
Noch ist die Stadt
mit dem alten Fe-
stungswall aus dem
Mittelalter umgeben,
der mit alten Lin-
denalleen bestanden
ist und der so zu
einem herrlichen
Spaziergang für die
Bewohner geworden
ist. Auf der Außen-
seite des Walles
blickt man in den
alten Wallgraben
mit Obstbäumen auf
dem Wiesengrund,
auf der Innenseite
sehen aus den Gär-
ten die schmucken
weißgetünchten
Fachwerk-Häuser hervor und die vielen Kirchen und
Kapellen mit ihren Türmen beleben das Bild.

Betrachtet man nun den nebenstehenden Plan von
Soest, so sieht man scheinbar ein regelloses Gewirr
von Straßen und Gassen besonders im Innern der
Stadt; aber bald erkennt man aus diesem Gewirr die
durchgehenden alten Verkehrsstrassen, die nur etwa
einer Kirche wegen ihre Richtung verändern, oder, um
einen Platz zu bilden. Weiter von der Mitte der Stadt
entfernt, nach dem Wall zu, sieht man noch große, un-
bebaute Flächen; sie alle sind meist Gärten, in denen
einzelne Häuser liegen und deren begrenzende Wege
zwischen Gartenmauern mit herüberhängendem Efeu

1

Abb. x. Soester Patrizierhaus am Steingraben mit Vorgarten.
 
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