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Die Gartenkunst — 14.1912

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Faulwetter, Hermann: Die Gartenkunst im Mittelalter, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.20815#0054

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46

DIE GARTENKUNST.

XIV, 3

Ruhe auf
Flucht.

der

Abb. 7. Torbogen aus Stein. Skizze nach dem Holzschnitt
„Die heilige Familie in Nazareth“ in A. Dürer „Marienleben“.

Gartenkünstlern unserer modernen Zeit beigemessen
wird. Wohl decken sie sich häufig, ob zufällig oder
willkürlich, das ist nicht zu entscheiden, mit den Auf-
teilungsachsen der ganzen Gartenfläche, aber eine rein
ornamentale Aufgabe, wie sie von ihnen im Haus-
garten von heute oft erfüllt wird, hatten sie wohl nicht.

Die an vielen Orten in der Literatur ausgesprochene
Behauptung, die Wege seien im Mittelalter stets gerad-
linig geführt worden, muß nach dem vorliegenden
Material als ein Irrtum bezeichnet werden. Wie die
Beispiele in den Abbildungen 14 und 15 beweisen,
hat man in Gärten, die auf weniger kleinen Raum
beschränkt waren, auch geschwungene, wie wir heute
sagen würden „landschaftliche“ Wege angelegt, die nach
meiner Meinung das Gefühl des Lustwandeins viel deut-
licher empfinden lassen, als es die im Sinne strenger geo-
metrischer Linien angelegten Wege gestatten. Den Ein-
druck des Lustwandeins hat aber der Meister des Liebes-
gartens in Abbildung 1 5 unzweifelhaft erwecken wollen.

Aus mannigfachen Darstellungen und Schilderungen
geht hervor, daß die Wege besonders in intimen Garten-

/AU550-IMITT AU,5 EINEM KUPFER

Der dritte Typ, der zugleich aus den primitivsten
Verhältnissen entstanden zu sein scheint, kommt unserer
heutigen Gartentür in der Form am nächsten. Wie
Abbildung 10 zeigt, wurden die Flügel durch Stricke
oder gedrehte Zweige an die Pfosten angebunden.

Bedeutend günstiger als das Holzmaterial hat die
Verwendung des Steines die Gesamtwirkung des mittel-
alterlichen Gartenbildes beeinflußt. Das Holz scheint
mehr in dem außerhalb der Stadt liegenden Gelände
zu Einfriedigungszwecken verwendet worden zu sein,
während in der Stadt und auf der Burg die Steinmauer
den Garten umschließt. Diese wurde teils aus gehauenen
Steinen, teils aus roten Backsteinen errichtet, das letztere
vielleicht auch zur Erhöhung des Farbenreichtums.
Oft wurde die Mauer mit Zinnen gekrönt, die augen-
scheinlich weniger zu Verteidigungszwecken als zur Errei-
chung eines ernsten, gemessenen Hintergrundes für den
üppigen, lachenden Blumenflor dienen sollten (Abb. 12).

Das Mauerwerk, das lediglich als architektonisches
Schmuckwerk im Garten verwendet wurde, wird an
anderer Stelle eingehende Behandlung finden.

III. Die Wege.

Die Wege des mittelalterlichen Gartens haben
noch nicht die Bedeutung für die künstlerische Ge-
staltung des Gartens gehabt, die ihnen von vielen

Abb. 9. Festgefügter Garteneinlaß.

Hermann tom Ring

Auferstehung-

MÜNSTEP,. 1521-9?.

(Original im Landesmuseum Münster.)

VON j.m.Gogel.

Abb. 8. Eingang ohne Torflügel (1550).

(Münchener Kupferstichkabinet)

plätzen gänzlich gefehlt haben. Man hat sie absichtlich
vermieden, vielleicht aus dem Bedürfnis heraus, in den
Mußestunden, die der Geselligkeit unter freiem Himmel
bei Gesang, Spiel und Tanz gewidmet waren, möglichst
wenig in der Bewegungsfreiheit behindert zu sein. Die
Plätze in den Abbildungen 13, 17, 20 und 25 stellen
so im wahrsten Sinne des Wortes Gemächer der
, Wohnung im Freien“ dar. Die Behandlung der Wege
zeigt, daß die Gartenkunst des Mittelalters viel mehr
auf den inneren Zusammenhalt des Gartenbildes Be-
dacht genommen hat als auf die äußere Wirkung,
welche in der modernen Gartenkunst leider häufig
sensationell in den Vordergrund tritt. In der Nähe des
Hauses mögen die Wege mit Stein-
platten belegt worden sein; Belege
habe ich dafür nicht zu erbringen
vermocht, wenigstens nicht für den
deutschen Garten, bei ausländischen
Meistern sind sie häufig zu finden.
(Abb. 18 u. 32.)

(Fortsetzung folgt.)
 
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