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Die Gartenkunst — 14.1912

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Hoffmann, ...: Wettbewerb "Friedhofbauten und -Erweiterung" Pforzheim
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https://doi.org/10.11588/diglit.20815#0119

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XIV, 7

DIE GARTENKUNST.

111

dadurch, daß durch diese Anordnung die zweite Hauptaufgabe,
die organische Verbindung des neuen Friedhofteiles mit dem
alten, leicht gelöst werden kann. Einschneidende Veränderungen
im alten Friedhof sind dadurch völlig vermieden worden.

Der alte Friedhof kann vielmehr nach und nach dem
Prinzip der Teilung in einzelne Gärten gemäß , wie vorge-
schlagen, in solche Friedhofsgärten umgewandelt werden. Die
Erbbegräbnisse an den Hauptwegen können dann nach und
nakh eingezogen und durch solche innerhalb der Gärten ersetzt
werden. Die Friedhofgärten, wie sie seinerzeit für den Mann-
heimer Zentralfriedhof erstmalig vorgeschlagen wurden,
scheinen dem Verfasser als die geeignetste. Aufteilung nicht
bewaldeter Friedhofsflächen im Gegensatz zu den sogenannten
Waldfriedhöfen, die wieder, wie im Münchener Waldfriedhofe
erstmalig gezeigt, ein hervorragendes Prinzip der Aufteilung
bewaldeter Friedhofsgelände sind. Diese Gärten sind gewisser-
maßen kleine Einzelfriedhöfe für sich.

Alle Gräberarten werden hier nach Art der alten Stadt-
und Dorffriedhöfe zu einem malerischen Gesamtbild vereinigt.

Die meist häßliche reihenartige Anordnung der Erbbe-
gräbnisse an den Hauptwegen wird vermieden.

Durch geschickte Verteilung der Erbbegräbnisse in den
Gärten kommen dieselben weiter auseinander zu stehen und
wirken für sich durch die Pflanzenumrahmung. Sie beein-
trächtigen sich nicht in ihrer Wirkung wie bei einer reihen-
mäßigen Anordnung.

Die nicht belegten Hauptwege charakterisieren sich als
Orientierungswege.

Der Wechsel zwischen einfachen Gräbern und den Monu-
menten bewirkt eine Unterbrechung der Eintönigkeit. Die
Umpflanzung der besseren Gräber gliedert die Reihengrab-
flächen noch mehr als bisher und bewirkt, daß die Schönheit
des Friedhofes nur durch zweckentsprechende Anordnung der
Gräber, nicht durch fremde, mit der Idee des Friedhofes nicht
im Einklang stehende äußerliche Effekte geschaffen wird.

Das Gesamtbild wird dadurch, wie im Programm ge-
wünscht, nur mit den Mitteln des Friedhofes selbst zur Geltung
kommen. Die Hauptwege außerhalb der Gärten werden durch
ihre ruhigen, monumentalen Linien und Heckenwände einen
wohltuenden Kontrast zu den meist malerischen, gruppierten
Bildern in den Gärten bieten. Die rationelle Ausnutzung kann
je nach den Bedürfnissen jederzeit gesteigert werden, wenn
die Gärten nicht wie im beigefügten Beleglan vorgesehen, so
reich mit Pflanzungen durchsetzt werden.

Die praktische Belegbarkeit steht außer Frage, da diese
Gärten vollständig den Bedürfnissen der jeweiligen Zeitab-
schnitte, wo sie belegt werden sollen, entsprechend aufgeteilt
werden können. Die etappenweise Ausführung des Friedhofes
ist gewährleistet, da gewissermaßen Friedhof an Friedhof ge-
reiht wird. Die Belegart läßt sich vollständig den örtlichen
Gebräuchen anpassen.

Verfasser schlägt die im Belegplan vorgesehene Belegart
vor, die trotz rationeller Ausnutzung wirklich malerische Wir-
kungen ergibt.

Den Gebäudeanlagen schließt sich der Friedhof organisch
an. Die Geländehöhen sind gut ausgenützt. Der Platz zur
Beisetzung von Urnen ist getrennt im Urnenhof am Fuße der
Urnenhalle, in Urnenarkaden im Kellergeschoß des Wirtschafts-
gebäudes und der Verkaufsräume am Nebeneingang, ferner
in einem Urnengarten aus Hecken und Urnenhain. Es sollen
jedoch auch Urnen im Friedhof beigesetzt werden können.

Es ist gedacht, daß die Friedhofsordnung den neuen Ver-
hältnissen angepaßt wird; insbesondere ist die Einrichtung
sogenannter Wahlgräber, d. i. ein Mittelding zwischen Erb-
begräbnissen und Reihengrab zu empfehlen für unvermögende
Leute besseren Standes, ferner sogenannte Genossenschafts-
gräber für Vereine etc.; desgleichen überbaute Grüfte und
Leihgrüfte.

Für Aufstellung der Grabdenkmäler sind gegen häßliche
Auswüchse und Schablonenware ähnlich wie auf dem Mün-
chener Waldfriedhofe scharfe Bestimmungen zu erlassen und

bestimmten Grabflächen bestimmte Denkmalsarten vorzube-
halten. Die Höhe der Denksteine muß ebenfalls der Genehmigung
der Friedhofverwaltung unterliegen. Für Grabsteine über i m
Höhe werden am besten hohe Genehmigungsgebühren gefordert.

Auf Einfassung der Grabstellen mit niedrigen und hohen
Hecken ist hinzuwirken. Die Grabflächen werden am gün-
stigsten nach Quadratmetern verkauft um das gleiche, schab-
lonenhafte Maß der Grabstellen zu vermeiden. Die umgrenzende
Bepflanzungsfläche bei den Gartenstellen muß von den Grab-
stellenbesitzern miterworben werden.

Es ist dann eine Mindestgröße an Quadratmetern für
Erbbegräbnisse festzulegen. Mausoleen und besondere Denk-
mäler finden an den Hauptwegen Platz.

Bei der Bepflanzung ist Wert darauf zu legen, daß die
die Hauptwege abschließenden Hecken aus immergrünen Ge-
hölzen bestehen. Eine gewisse einheitliche Bepflanzung je
eines Friedhofgartens ist anzustreben.

Insbesondere sollen schönblühende Stauden namentlich in
den Kindergrabflächen als Hintergrund gepflanzt werden.

Im übrigen soll jedes Grab einen Hintergrund aus Pflanzen-
grün erhalten, das niedrig oder hoch, je nach der gewollten
Wirkung zu halten ist. Die Gräber erhalten zu diesem Zwecke
an den zusammenstoßenden Kopfenden einen i m breiten
Pflanzungsstreifen. An der Längsseite der Gräber sollen keine
schmalen Wege angelegt, sondern der Zwischenraum mit Gras
besät werden. Die Grabhügel sollen 30 cm Höhe nicht über-
schreiten und möglichst mit Gras bei den Reihengräbern besäet
werden. Verwahrloste Gräber sollen eingeebnet und ebenfalls
mit Gras besäet werden, damit nach und nach die Gräber in
wiesenartige Flächen zu liegen kommen.

Hohe Grabhügel sind zu verbieten. Die Anpflanzung von
Bäumen muß der Genehmigung der Friedhofverwaltung unter-
liegen, damit nicht durch zu starken Baumwuchs die Raum-
wirkung in den Gärten aufgehoben wird und die Gräber zu
sehr beschattet werden.

Die einheitliche Bepflanzung der Gärten muß durch be-
sondere Bestimmungen festgelegt werden.

Alle diese Maßnahmen, deren Zweckmäßigkeit das Publi-
kum bald einsehen wird, werden bewirken, daß an Stelle der
Schablone, welche das Friedhofbild der meisten Friedhöfe so
häßlich und abstoßend macht, eine wohltuende Mannigfaltigkeit
der Motive tritt.

Die Friedhöfe werden dann wieder das sein, was sie
früher waren:

„Die Gärten des Friedens.“
Kostenanschlag.

Neuer Teil. 319625 Mk.

Alter Teil . 36625 „

Kosten der Friedhofanlage . . . 356250 Mk.

Kosten der Baulichkeiten .... 807906 „

Gesamtkosten.1164156 Mk.

Ankauf: Oberbaurat Weigle und Söhne und Garten-
architekt Lilienfein.

Nr. 4. Vita somnium breve.

Erläuterungsbericht.

Das alte und das neue Friedhofgelände bildet zusammen
ein dachförmig nach zwei Seiten abfallendes Areal, dessen
von Ost nach West gerichtete Firstlinie zugleich die Scheide-
linie des alten und neuen Teils bildet, so zwar, daß die Ebene
des alten Teils gegen Süden und die Stadt zu sich senkt.

Nach Ansicht des Verfassers war deshalb die Gebäude-
gruppe, um von der Stadtseite aus ein günstiges Bild zu
geben, in der Linie West-Ost zu entwickeln und entweder
auf der südlich geneigten Fläche des alten Areals, oder mindestens
auf der Firstlinie beider aufzustellen. Das südlich vorgelagerte
Terrain außerhalb des eigentlichen Friedhofes kam nicht in
Betracht, weil die vor diesem entstehenden vierstöckigen
Privatbauten (sind nur dreistöckig geplant d. V.) die ganze
verhältnismäßig niedrig zu haltende Baugruppe im Laufe
 
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