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Die Gartenkunst — 14.1912

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Hoffmann: Wettbewerb "Friedhofbauten und -Erweiterung" Pforzheim
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https://doi.org/10.11588/diglit.20815#0118

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110

DIE GARTENKUNST.

XIV, 7

Bassins vorgesehen sind, um die der unglückliche
Friedhofbesucher immer wieder herumkommen muß.
Die Perspektiven sind dagegen wieder vorzüglich aus-
geführt.

Gut sind ferner die Arbeiten 75 „Sylvester“, 62
„Bergesfrieden“ und 39 „Ruhe“. Der Entwurf „Toten-
kult", Nr. 14 vereinigt die Erbbegräbnisse zu einem
großen Belegungsblock inmitten des Friedhofes, bringt
aber sonst recht günstige Dispositionen. Nr. 65 „Zwei
Ringe“ zeigt zwei Varianten, zwei Möglichkeiten, wie
man Friedhöfe in der Regel nicht anlegen soll.

Das Projekt „Deimling, Weber, Flabermehl“ (Nr. 84)
löst die Friedhofsgestaltung in einer ganz vorzüglichen
Bearbeitung rein landschaftlich und gibt gute Belegungs-
vorschläge. „Frieden und Ruhe“ (Nr. 44) ergäbe auf
ebenem Gelände eine beachtungswerte Lösung, und
Nr. (80) ,,Quod Di bene vortant“ will das Hamburger-
Ohlsdorfer Beispiel auf die eng begrenzte und stark
koupierte Fläche des Pforzheimer Friedhofes über-
tragen.

Originalerläuterung zu den prämiierten Entwürfen.

I. Preis. Verfasser Architekt Menzel.

Nr. 79. (Zwei verschlungene Ringe, gezeichnet.)

Erläuterungsbericht.

Der Verfasser ging davon aus, die Baulichkeiten, wie die
ganze Anlage aus einem Guß zu gestalten, einem Mittelpunkt
zu schaffen, dem sich alles andere unterordnet. Beim Friedhof
ist es die grobe, geschwungene Hauptstraße, im vorderen Teil
die in eine Masse zusammengefaßte Architektur.

Die Situation der Gebäude auf dem nicht zu Grabstellen
zu verwendenden (südlichen) Teil des Areals an der Straße
scheint die glücklichste zu sein. Hier ist der Schlüssel zur
ganzen Anlage, hier ist der selbstverständliche Zugang von
der Stadt zum Friedhof. Der Wagenverkehr entwickelt sich
auf der leicht ansteigenden breiten Straße, der Fußgänger-
verkehr kann die imposante Treppenanlage benützen, die oben
durch ein verschließbares Tor einen Abschluß hat. — Zwischen
beiden Zugängen liegt logisch das Verwaltungsgebäude.

Der bestehende Weg des alten Friedhofes in der Achse
des Platzes wird verbreitert und ist der Zugang zur großen
geschwungenen Straße. Die wenigen Grüfte, die im Wege
liegen, sind ohne Schwierigkeiten zu exhumieren. Die schon
oben erwähnte Hauptstraße durchzieht das ganze Gelände,
und wird von den Verlängerungen der bestehenden Achsen
durchschnitten; von hier aus entwickelt sich die Fahrstraße,
die als Peripherie die ganze Anlage umzieht und nach allen
Richtungen Diagonalstraßen sendet.

Die Neuaufteilung der Gräberfelder schließt sich organisch
dem Bestehenden an und läßt trotz ihrer Strenge die male-
rischsten Details entwickeln.

Die Straßenzüge schmiegen sich dem vorhandenen Terrain
an, nur hinter dem Mittelweg ist ein horizontales Terrain ge-
schaffen, die gewonnenen Erdmassen werden zur Auffüllung
vornan der Straße verwendet, die oben notwendige Stützmauer
aber kann zu Familiengrüften ausgebaut oder dort Denkmäler
angebaut werden.

Von der oben liegenden Straße sind interessante Blicke
auf das tieferliegende Terrain zu schaffen.

Als Hauptsachen wurden vom Verfasser beim Projekte
die Disposition angesehen, die Verteilung der Gräberfelder
und eine klare und interessante Wegeführung. Die Detail-
fragen sind unschwer auf Grund einer guten Gesamtdisposition
zu lösen und sind auch Sache einer weiteren Bearbeitung.

Die Erbbegräbnisse entwickeln sich entlang den breiten
Wegen. Der Urnenhain ist im alten Teil unter dem alten

Baumbestand angeordnet. Die Arkaden im vorderen Teil des
Friedhofes sollen ebenfalls Urnen aufnehmen und das archi-
tektonische Bild an der Straße ergänzen.

Kostenzusammenstellung:

33-Ö35 qm Gehwege ä 3,00 Mk. = 100,905 Mk.

9000 qm Plätze und Fahrwege

ä 6,00 Mk. = 54,000 Mk.

14,800 qm Fläche der vorderen Parkanlagen

ä 7,00 Mk. = 103,600 Mk.

Kosten der Friedhofanlage*) 258,505 Mk.

Richtiggestellte Kosten der Baulichkeiten etc. 860,000 Mk.

Zusammen 1,118,505 Mk.

II. Preis Verfasser Grossmann und Wünschmann.

Nr. 71. „Die Gärten des Friedens.“
Erläuterungsbericht.

Für die Gestaltung des vorliegenden Entwurfes waren
folgende Hauptgesichtspunkte maßgebend.

Zweckentsprechende Lage der Einsegnungshalle mit
Leichenhalle, Krematorium, Verwaltungsgebäude zur Stadt
und zum Friedhof. — Organische Verschweißung des alten
Friedhofes mit dem neuen Teil.

Teilung des großen Zentralfriedhofes in einzelne Fried-
hofsgärten.

Leichte Erreichbarkeit der Gärten von der Gebäudeanlage
aus durch Hauptachsen.

Gute Verbindung der einzelnen Gärten durch Verkehrs-
wege ohne seitliche Gräber (Orientierungswege).

Für die Gebäudeanlage kamen zwei Plätze in Frage:

1. derjenige am Südhang,

2. der gewählte.

Verfasser hatte zuerst im Auge, den am Südhang zu
wählen, hauptsächlich wegen seiner für eine monumentale
Gesamtanlage günstigen Eigenschaften, und hatte bereits hierfür
weitgehende Vorschläge ausgearbeitet.

Bei eingehender Bearbeitung ergab es sich jedoch, daß
diese Lage für eine zweckmäßig praktische Ausgestaltung sehr
viele Nachteile hat.

Zunächst müßte die Straßenbahn hierher durch Neben-
straßen im Zickzack geführt werden, während sie im Projekt
einer Hauptverkehrsstraße folgt und später weitergeführt
werden kann. Die Anordnung der Gebäude am Berghang
würde viel Erdarbeiten verursachen.

Die Kapellenanlage würde ferner zum Friedhof zu tief
liegen müssen und die Friedhofbesucher wären gezwungen,
erst den Berg zu übersteigen um zum neuen Teil herabzu-
gelangen. Der gewichtigste Grund ist jedoch der, daß die
Kapellenanlage durch die Trennung, die der alte belegte Fried-
hofteil bewirkt, nicht zentral genug zum neuen Teil liegen würde.

Weitaus günstiger ist der gewählte Platz. Die Gebäude-
anlage liegt hierdurch etwa 10 m höher. Sie wird in ihrer
malerischen Gruppierung die Westecke des Bergrückens be-
krönen. Die Einsegnungshalle beherrscht ferner hier den
gesamten Friedhof. Sie betont die neue Friedhofhauptachse,
die Urnenhalle ihrerseits die Zufahrtsstraße.

Der Wirtschaftsbetrieb konnte in mustergültiger Weise
rückseitig angeordnet werden.

Das Krematorium wurde auf’s engste mit der Leichen-
halle verbunden. Krematorium und Urnenhain sind durch be-
sonderen Eingang neben dem Haupteingang zu erreichen.

Ein großer Vorzug sind die geringen Erdarbeiten, die
eventuell noch geringer werden könnten, wenn der Arkadenhof
nicht vertieft wird.

Der Haupteingang führt sowohl zur alten, als auch zur
neuen Hauptachse.

Alle diese Gründe lassen neben vielen anderen die ge-
wählte Lage als besonders glücklich erscheinen, insbesondere

*) Die Kosten für die Friedhofanlage sind viel zu niedrig
angenommen; der doppelte Betrag dürfte entsprechen.
 
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