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Die Gartenkunst — 14.1912

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Arntz, Wilhelm: Italienische Renaissance-Gärten, [12]
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https://doi.org/10.11588/diglit.20815#0175

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XIV, 11

DIE GARTENKUNST.

167

Hauptachse folgt, während rechts und links Tannen-
dickichte, dann große Heckenquartiere anschließen.
Es ist also von vornherein ganz auf eine weiterreichende
Wirkung verzichtet. Da nun die Allee sehr zuge-
wachsen ist und sich von anderen kaum unterscheidet,
hat man ohne Plan Mühe, sich zum Kasino durchzu-
finden. Ja auch wenn man sich längst auskennt, ver-
mißt man immer wieder einen freien Überblick auf
dieses Zentrum der Villa. Man scheint darauf zu jener
Zeit allgemein bei der Anlage keinen großen Wert
gelegt zu haben. Erst Lenötre begann wieder den
Blick auf das Haupt der ganzen Anlagen konsequent
freizuhalten. Es frappiert auch, wie das nachlässige
System von Wegen, das rechts und links Haine und
Heckenquartiere abteilt, ebenso gleichmütig wie die
Hauptachse durch eine Bodensenkung und dann wieder
eine Welle hinaufläuft. Die Nachlässigkeit wird zur
Methode, ganz wie in den Boboligärten. Sicher wurden
darin Reize erkannt und gewürdigt. Aber erst heute
kommt das Malerische in dieser teilweisen Abweichung
von der Regelmäßigkeit eigentlich zur Geltung. Die
Stellen, wo in der Mulde an den Wegkreuzungen die
vermoosten Brunnen rieseln, von niederen Steinbänken
im Wiesengrün umgeben und vom lockeren Gezweige
der Lorbeeren und Steineichen umhangen, gehören zu
den schönsten Dingen (Abb. 24). Und im Grunde ist
das Ursächliche auch da die verflixte Raumwirkung,
die heutzutage so gar viel von sich reden macht, und

immer noch mehr Zungen finden wird, weil so viele
sich immer noch nicht bewogen fühlen, selber zu be-
obachten und ihre Empfindungen auf das Einfache und
Grundlegende zurückzuführen, bis sie statt des toten
Wortes endlich seinen lebendigen, vieldeutigen Sinn
erfahren.

Die späteren Zeiten haben die Villa andauernd
verändert, ausgeschmückt, die Nutzgärten und Vogel-
herde nach und nach zu Schmuckanlagen umgewandelt
und neues Land hinzugefügt, sodaß sie heute wohl
400 Morgen umfaßt. Ihr schönstes Stück stammt aus
dem Ende des 18. oder frühen Anfang des 19. Jahr-
hunderts, aus der Zeit des hier schon mit der Villa
Albani um 1740, einsetzenden Klassizismus. Es ist
die Piazza di Siena, eine große Reitbahn (Abbil-
dung 25). Sie liegt in eine Bodensenkung eingegraben,
so daß die Stützmauern in einer sehr gut die Zunahme
der Höhe am Kopfende ausnutzenden Weise zu amphi-
theatralischen Sitzreihen ausgebildet werden konnten.
Die beiderseitig sich anwölbenden Bodenwellen sind
mit glattem Rasen überzogen, daraus lotrecht über
den Bankreihen prächtige Pinienreihen schlank auf-
streben, um in der Höhe ihre samtig grünen Wipfel
zu einem lockeren Baldachin zu wölben. Zu oberst
stehen auf beiden Seiten einfache Gebäude in klassi-
zistisch edlen Formen. Das Fußende der Bahn öffnet
sich nach einer quer vorüberziehenden Allee, das Kopf-
ende schließt ab mit einem Terrassenvorsprung, den
 
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