Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Die Gartenkunst — 14.1912

DOI Artikel:
Hoemann, Reinhold: Ausstellung neuer und alter Gartenkunst der Gruppe Brandenburg der "D. G. f. G." im kgl. Kunstgewerbe Museum zu Berlin
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.20815#0300

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
XIV, 19

DIE GARTENKUNST.

293

Weiß*) wies in seiner Rede auf die Bedeutung der Garten-
kunst als solcher hin, erläuterte kurz ihre vielfachen
Aufgaben, für welche die Ausstellung so mannigfache,
oft treffliche Lösungen zeigte. Zum Schluß seiner Aus-
führungen forderte Herr Weiß dann zu einem Rund-
gange auf, in welchem den Gästen die Ausstellungs-
objekte gezeigt und erläutert wurden.

Man muß anerkennen, daß die Ausstellung reich-
lich beschickt war, so reich, daß manche Arbeit Raum-
mangels wegen zurückgewiesen werden mußte. Man
muß anerkennen, daß das Arrangement der ausgestellten
Arbeiten klar und übersichtlich getroffen war. Man muß
anerkennen, daß die Vorprüfungskommission gut und
sorgfältig gearbeitethatte, denn direkt schlechte Arbeiten,
wie man sie früher leider so oft sah, waren nicht vor-
handen. Man muß, wenn man frühere Ausstellungen zum
Vergleich heranzieht, anerkennen, daß auch bei dieser
Gelegenheit das ständige Fortschreiten in der Entwicke-
lung der Gartenkunst festgestellt werden kann. Man
muß anerkennen, daß die Darstellung in der uns bis-
her der Architekt so sehr überlegen war, heute eine
bedeutend bessere ist, wie vor nicht allzulanger Zeit.
Das Schlußresultat ist demnach die Feststellung einer
gesunden Weiterentwickelung auf der ganzen Linie.

Man muß jedoch bei aller Anerkennung dieses
Fortschrittes ehrlich genug sein, um zuzugeben, daß
die erstrebte und erstrebenswerte Vollkommenheit noch
lange nicht erreicht ist, daß vielfach noch Lücken klaffen
und offensichtliche Fehler zu erkennen sind. Man fühlt
mancherlei Schwächen um so mehr und um so deut-
licher, wenn man zum Vergleich mit diesen Arbeiten
der Neuzeit jene klassischen Meisterwerke vergangener
Epochen heranzieht, welche auf der Abteilung für alte
Gartenkunst gezeigt wurden dank den Bemühungen
des Direktors der Bibliothek des kgl. Kunstgewerbe-
museums, des Herrn Direktor Dr. Jessen.

Es kann nun nicht meine Aufgabe sein, hier an-
zuführen und zu erläutern, was die einzelnen Aussteller
brachten, wer dafür besonderes Interesse hat, beschaffe
sich den sorgfältig und gut zusammengestellten Katalog
oder besser noch, er fahre hin. Es würde auch eine
Kritik der Einzelwerke ziemlich wertlos sein, wenn ich
nicht die kritisierten Arbeiten im Bilde hier vorführen
könnte und das wäre wiederum zu weitgehend ; ich will
deshalb versuchen, meine Besprechung auf solche Sachen
zu beschränken, die allgemeines Interesse beanspruchen
und auch ohne Bilderläuterung verständlich sind.

Zweierlei Erfordernisse muß man an eine Garten-
anlage stellen, wenn sie befriedigen und als gut be-
zeichnet werden soll.

Die erste Bedingung ist, daß die verschiedenen
Zweckforderungen, welche bei jeder einzelnen Aufgabe ge-
stellt werden, sachlich und zweckentsprechend erfüllt sind
und zweitens, daß für die sachlich einwandfreien Zweck-
lösungen die richtige künstlerische Form gefunden wird.

*) Während des Drucks geht die Mitteilung ein, daß
Herr Weiß in Anerkennung seiner Verdienste um die Garten-
kunst zum Kgl. Gartenbaudirektor ernannt wurde.

Wenigstens die erste dieser Forderungen, für jede
Aufgabe zunächst die richtige Zwecklösung zu finden,
erscheint auf den ersten Blick so selbstverständlich
und so leicht erfüllbar, daß man immer wieder ver-
wundert ist, wenn man Fehler nach dieser Richtung
findet und doch sind derartige Fehler leider sehr häufig
nachweisbar. So auch auf unserer Ausstellung! Zum
Beweis dessea will ich einige Beispiele herausgreifen:

Um einen großen märkischen See in der Umgegend
von Berlin soll eine Gartenstadtsiedelung angelegt werden.

Der diesbezügliche Bebauungsplan ist im vorliegen-
den Falle Ausstellungsobjekt. Es ist eine der großen Ter-
raingesellschaften, die das Projekt zur Ausführung bringt.

Für die Menschen, welche in dieser Gartenstadt
wohnen sollen, ist der See mit seiner schönen Um-
gebung, mit seinem teils malerischen Baumbestände
natürlicherweise der Hauptanziehungspunkt, die,, Attrak-
tion“, wie der Geschäftsmann sagt.

Es erscheint eigentlich selbstverständlich von der
Gartenstadtsiedelung zu fordern, daß der See tunlichst All-
gemeingut aller wird, denn seinethalben zieht man ja auch
hinaus aus dem Häusermeer der Großstadt. Die einfachste
und selbstverständlichste Zweckforderung wäre nun die,
das Seeufer durch eine Seeuferstraße, die sich viel-
leicht ab und zu dort, wo schöne alte Baumbestände
sind, erweitert, aufzuschließen und der Allgemeinheit
verfügbar zu halten. Unser Projekt zeigt die Erfüllung
dieser einfachen Zweckforderung nicht, teilt vielmehr
das Seeufer derart auf, daß die einzelnen Bauplätze
der dem Seeufer zunächst liegenden Straße (welche
also parallel zum Seeufer läuft) von der Straße direkt
bis zum Seeufer laufen und unmittelbar von der See-
uferlinie begrenzt werden. Ich kann mir gar nicht
denken, daß ein Städtebauer oder Gartenkünstler so
arbeitet, da wird die Terraingesellschaft wohl einem
unüberwindbaren Druck ausgeübt und dies gefordert
haben. Warum? Weil selbstverständlich diese Seeufer-
blöcke wertvoller sind wie andere, sie gehen weg wie
frische Semmeln und werden mehrfach so hoch bezahlt,
wie die anderen Baublöcke. Diesem raschen, sofort
den Geldsäckel füllenden Augenblickserfolg zuliebe
opfert man nun zugunsten einer kleinen Anzahl von
Landhausbesitzern das Interesse der großen Mehrzahl
der andern, nach meiner Auffassung letzten Endes auch
sehr zum Schaden der Terraingesellschaft,
denn die Wertsteigerung der Seeufergrundstücke kann
nicht Ersatz bieten für die Wertminderung der nicht
direkt am Seeufer liegenden Grundstücke. Wenn aber,
wie schon angedeutet, direkt am Seeufer eine breite
Uferpromenade entlang geführt würde, auf der Land-
seite begrenzt von hoher berankter Ufermauer (die
Grundstücke liegen hoch), aus welcher ab und zu
malerisch ein Gartenhaus, ein Laubenbau, eine Pergola
herauswächst, wenn die Gärten dann trotzdem durch
einen gut angegliederten Treppenausgang direkte Ver-
bindung zum Seeufer hätten, wäre dann diese Lösung
nicht die zweckmäßigere und schönere? Auch bei
einer so durchgeführten Aufteilung wären die Seeufer-
 
Annotationen